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Mit seinen Sprachblättern und Lautprozessen hat Carlfriedrich Claus (1930-1998) eines der einflussreichsten und zugleich rätselhaftesten Werke der experimentellen Literatur und Kunst des 20. Jahrhunderts geschaffen. Seine Mikroartikulationen in Laut und Schrift, die von der Öffentlichkeit in Ost und West weitgehend unbeachtet seit den fünfziger Jahren in der DDR entstanden, zählen heute zu den bedeutendsten Beispielen der internationalen visuellen und phonetischen Poesie. Die vorliegende Studie bietet eine erste Werkgeschichte der Akustischen Literatur von Claus und gibt zugleich eine Einführung in seine Poetik einer „experimentellen Existenz in experimenteller Arbeit“, wie sie sich in seinen theoretischen Schriften, aber auch ganz konkret in seinen Expeditionen zu den elementaren Bedingungen des Schreibens und des Sprechens abzeichnet.
Literarische Kommunikation erscheint bei Claus nicht als Akt der Re-präsentation, sondern als ein Artikulationsvorgang materialer Medien, der die tradierten Konzepte von „Autor“, „Werk“ und „Leser“ einer grundlegenden Überarbeitung unterzieht. Ausgehend von der ästhetischen Erfahrung der Unverständlichkeit, die mit den „Sprechexerzitien“ und „Schriftwucherungen“ von Claus verbunden ist, nimmt die Untersuchung die Schrift- und Lautexperimente sowohl im produktionsästhetischen Zusammenhang als auch aus rezeptionsästhetischer Perspektive in den Blick. Literaturhistorische Hintergründe vom frühromantischen Unverständlichkeitsdiskurs bis zur experimentellen Literatur nach 1945 werden ebenso in die Reflexion einbezogen wie medientheoretische Fragestellungen zu Schrift und Aufzeichnungstechnik. Neben einer Einführung in die Poetik und Ästhetik Akustischer Literatur liefert die Untersuchung damit zugleich ein Modell für eine philologische Lektüre experimenteller und intermedialer Literatur- und Kunstformen.
Die beiliegende CD enthält eine repräsentative Auswahl akustischer Arbeiten von Carlfriedrich Claus mit zum Teil bisher unveröffentlichten Werken von 1959 bis 1996.
Michael Grote
Exerzitien. Experimente.
Zur Akustischen Literatur von Carlfriedrich Claus
2009
ISBN 978-3-89528-710-7
453 Seiten
43 Abbildungen
inkl. CD
kartoniert
Michael Grote, Dr. philos., Jahrgang 1966. Studium der Fächer Deutsch und Geschichte an der Universität Bielefeld. Verschiedene Tätigkeiten in Kulturmanagement und Softwareproduktion, 2002-2007 DAAD-Lektor an der Universität Bergen (Norwegen).
Leseprobe: lp-9783895287107.pdf
[…] Michael Grote legt mit seinem Band „Exerzitien. Experimente. Zur Akustischen Literatur von Carlfriedrich Claus“ eine profund recherchierte, quellenreich dargelegte sowie mit vielen eingehenden Analysen ausgearbeitete Studie vor und schreibt gewissermaßen gleichzeitig eine Art gelehriger literaturgeschichtlicher Biographie, insofern die subjektiv-ästhetischen, sprachmagischen und poetisch programmatischen Reflexionen von Claus – auch vor dem Hintergrund einer Geschichte der experimentellen Literatur in der DDR – mit in die Untersuchung einfließen. Die Ausführlichkeit in der Behandlung des akustischen Oeuvres von Carlfriedrich Claus ist einzigartig und sucht ihresgleichen.
Jan Roloff in „suite101.de“
[...] Michael Grote stellt in „Exerzitien, Experimente“ gleich zu Beginn klar, dass Claus' akustisches Werk gegenüber seinen handschriftlichen Experimenten mindestens den gleichen Stellenwert eingenommen hat. Mit seiner Arbeit nun würdigt Grote die Werkgeschichte der Artikulationsvorgänge [...] erstmals umfänglich als Forschungsgegenstand der Literaturwissenschaft: Immerhin gehören Claus' Mikroschriften und Lautprozesse heute zu den bedeutendsten Beispielen der internationalen visuellen und phonetischen Poesie.
Anja Sieber in „Akademie für Malerei Berlin. Kursprogramm 1. Semester 2011“ (Februar 2011)