»Postkolonialismus und Kanon« - der Band erhellt einen blinden Fleck:
»Theoretische Studien« beziehen sich auf die Kriterien für einen evaluativen Umgang mit Literatur in postkolonialer Perspektive, eine Kritik der doppelten Standards in den Postkolonialen Studien, das Spannungsfeld von Kanon, Weltliteratur, Interkulturalität und Postkolonialismus und die Exklusionsmechanismen des literarischen Kanons.
Das Spektrum der »Fallstudien« reicht von der Ästhetik des Erhabenen über den Faszinationsraum : »Inneres Afrika« im 19. Jahrhundert, den literarischen Antisemitismus, den binneneuropäischen Kolonialismus und den Postkolonialismus-Boom in der späten DDR-Literatur bis zur aktuellen deutschsprachigen afrikanischen Migrationsliteratur.
Die Beiträge gehen zurück auf eine Tagung, die der Trierer Sonderforschungsbereich 600 »Armut und Fremdheit. Wandel von Inklusions- und Exklusionsformen von der Antike bis zur Gegenwart« gemeinsam mit dem DFG-Netzwerk »Postkoloniale Studien« veranstaltet hat.
Herbert Uerlings / Iulia-Karin Patrut (Hgg.)
Postkolonialismus und Kanon
Postkoloniale Studien in der Germanistik 2
2020 [als Print-Ausgabe: 2012: ISBN 978-3-89528-872-2]
ISBN 978-3-8498-1491-5
361 Seiten
E-Book (PDF-Datei), 3,5 MB
Herbert Uerlings, Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Trier, Sprecher des SFB 600 Fremdheit und Armut. Seit Poetiken der Interkulturalität (1997) zahlreiche Veröffentlichungen im Bereich der Interkulturellen Germanistik/Postkolonialen Studien.
Iulia-Karin Patrut, Dr., Mitarbeiterin im Teilprojekt Literarische Repräsentation von »Zigeuner« im SFB 600 Fremdheit und Armut; Veröffentlichungen im Bereich der Postkolonialen Studien.
Leseprobe: lp-9783895288722.pdf
[…] In Herbert Uerlings’ and Iulia-Karin Patrut’s anthology Postkolonialismus und Kanon, we quickly learn that the status of postcolonial studies on the other side of theAtlantic appears less secure. They portray the institution of Germanistik in Europe as hostile to anything resembling „cultural studies“. In their portrayal, Germanistik in Germany views cultural and political questions as out of bounds for Literaturwissenschaft. The field views postcolonial studies as stridently political and inimical to the understanding of literature as art. Uerlings’ and Patrut’s anthology is an effort to change that perception by bringing postcolonial studies and canon-based research into conversation, primarily for an audience rooted in the German academy. […] Taken as a whole, the volume testifies to the contested canonicity of German postcolonial studies itself within Germanistik.
Daniel Reynolds in „German Quarterly Book Review“ (Fall 2012)
Zum Beitrag von Andrea Geier:
[…] Der Befund [der] kontrafaktischen Lektüre: Die im Zuge des Kolonialismus aufkommende Konstruktion des „Anderen“ […] ermöglichte erst die Konstruktion eines starken weißen, westlichen, meist männlichen Selbstbildes. In dieser Lesart ist etwa Gustav Freytags „Soll und Haben“ nicht nur antisemitisch; sondern eine postkolonial informierte Neulektüre fördert laut der Germanistin Andrea Geier auch zutage, dass der Roman zur großen Erzählung der Nationenbildung beigetragen hat, indem Freytag die jüdischen Figuren essentialisierend als Angehörige einer Kultur präsentierte, die man einfach nicht inkludieren kann. […]
Eva Berendsen in „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (16.01.2013)
[...] [Es ist] sehr zu begrüßen, dass der von Uerlings und Patrut herausgegebene Tagungsband in dreizehn Beiträgen das Thema »Postkolonialismus und Kanon« in seinen verschiedenen Facetten untersucht. [...] Der Gesamteindruck des umfangreichen Buchs bleibt zwiespältig. Am überzeugendsten sind die Beiträge dort, wo sie paradigmatisch die Möglichkeiten postkolonialer Forschung zeigen, wie etwa in Florian Krobbs Reiseliteratur-Analyse »›An dem glühenden Ofen Afrika’s, da ist mein Plätzchen‹. Eduard Vogel und die Wege ins Innere« (S. 181–206) und in Dirk Göttches souveränem Überblick »Deutsche Literatur afrikanischer Diaspora« (S. 327–360), der Strukturen eines postkolonialen Subkanons andeutet. Welche der vielen vorgestellten Namen und Werke später zu einer »postkoloniale[n] Kanonrevision« (S. 327) führen können, lässt sich heute sicherlich noch nicht näher bestimmen, weil die meisten der genannten Titel und Akteure die rezente Gegenwartsliteratur betreffen. Wer sich über die Stärke und Vielfalt germanistischer Postkolonialismus-Studien informieren will, erhält im Sammelband Anregungen und Arbeitsimpulse. [...]
Hermann Korte in „IASLonline“ (Juli 2014)
Zur vollständigen Rezension: http://www.iaslonline.de/index.php?vorgang_id=3714
Postkoloniale Studien in der Germanistik 2