Selbst Goethe war begeistert. 1776 schrieb er ein Gedicht „An den Geist des Johannes Secundus“ und sprach den niederländischen Autor mit „Lieber, heiliger, großer Küsser“ an. Es waren 19 Gedichte, die Goethe so verzückten, dass er selbst zur Feder griff. 19 Gedichte, die alle ein Thema haben: Küsse. Unter dem Titel „Basia – Die Küsse des Johannes Secundus“ hat der Aisthesis Verlag sie jetzt in einer feinen Ausgabe aufgelegt, die der Literaturwissenschaftler Simon Bunke betreut hat. Die Basia von Johannes Secundus (1511-1536) gehören zu den Klassikern der erotischen Literatur. Und lesen sich, dank der freien Übersetzung aus dem Neulateinischen von Johann George Scheffner (1736-1820), nahezu heutig. Da wird um zärtliche oder leidenschaftliche Küsse gerungen, da sind selbige trocken oder gar feucht, da müssen sie dem Gegenüber flehentlich oder gar drohend entlockt werden. Es bereitet eine vergnügliche Lese-Lust, diese sinnenfrohen Kuss-Spiele aus dem Jahr 1539 zu verfolgen und mitzufiebern beim nächsten Kuss.
Stefan Brams in „Neue Westfälische“ (23./24.10.2010)
[...] in diesem funkelnden Kleinod geht es um nichts anderes als das Küssen. In neunzehn Gedichten wird vielfältig variiert, was nur dumpfe Einfalt oder asketische Unkenntnis für einen einfachen Vorgang halten könnte. [...] Lebenspraktische Abhilfe für Ungelehrte, also Lateinunkundige, bot dann 1798 Immanuel Kants langjähriger engster Freund Johann Georg Scheffner. [...] Simon Bumke, der beste Kenner literarischer Erotika des achtzehnten Jahrhunderts hat sie jetzt wieder ans Tageslicht geholt. [...]
Alexander Košenina in „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (9. März 2011)
[...] Zuletzt (2010 im Aisthesis-Verlag) erschien eine zweisprachige Ausgabe, die nachlesbar macht, warum Johannes Secundus bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zu Nachahmungen anregte, von der grossen französischen Lyrikerin Louise Labé über die Barockdichter Martin Opitz und Paul Fleming bis hin zum Aufklärer Gottfried August Bürger. Sie alle sahen im Kuss ein mündlichstes Verlangen, ein süsses Spiel, nicht zuletzt einen Ausdruck purer Erotik. Und huldigten mit ihren Gedichten immer auch ein wenig dem König der Küsser. So wie es auch ein Dichterfürst tat. «An den Geist des Johannes Secundus» schrieb Goethe: «Lieber, heiliger, grosser Küsser, / Der du mirs in lechzend atmender / Glückseligkeit fast vorgetan hast!»
Christoph W. Bauer in „Neue Zürcher Zeitung“ (16.12.2011)
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