Motiviert durch die Anfang der 1920er Jahre dynamisch sich entwickelnde broadcasting-Bewegung im angloamerikanischen Raum formierte sich auch in Österreich eine zunächst technisch orientierte Radiotelegraphie bzw. Radio-Amateurbewegung, der es erstmals im Oktober 1923 gelang, auf Sendung zu gehen. 1924 wurde die erste große (halb)öffentliche Sendeanstalt eingerichtet, die RAVAG (Radio Verkehrs AG), begleitet und kritisch kontrastiert von der ersten Radiozeitschrift Die Radiowelt, die Ende der 1920er Jahre sowohl vom Profil als auch von der Wirkung her (geschätzte Auflage: 30.000 Ex.) gesehen eines der bedeutendsten zeitgenössischen Diskussionsforen für Radiokultur und Radiopolitik im deutschsprachigen Raum war. In ihr veröffentlichten so wichtige Medientheoretiker wie Bela Balázs, der die Formel von der neuen, hörbaren Kunst als das „akustische Drama“ prägte, Friedrich Porges oder der auch am Film interessierte Feuilletonist Arnold Höllriegel. Die Zeitschrift ist darüber hinaus als eine der ergiebigsten Quellen zur bereits 1924 einsetzenden Diskussion über Radiodemokratie anzusehen, ferner über Fragen der Volksbildung und ihrer politisch-ideologischen Dimensionen sowie über das Verhältnis zur zeitgenössischen Musik-, Theater- und Literaturszene. Da das neue Medium Radio seit 1924/25 auch eigene Rubriken in den großen Tageszeitungen (Arbeiter-Zeitung, Neue Freie Presse, Tagblatt etc.) hatte, kann von einer medien- und kulturgeschichtlich ergiebigen und interessanten Bandbreite von Positionen gesprochen werden. Interviews mit zeitgenössischen Kulturschaffenden aus allen Bereichen einschließlich der Literatur sowie Feuilletons in der Tagespresse sowie die pionierartige Radiohörer-Studie des Soziologen Paul Lazarsfeld (1932) rundeten dieses ästhetisch-politisches Medienfeld eindrucksvoll ab.
Der Band präsentiert etwa 50 programmatisch ausgerichtete Quellentexte zu den maßgeblichen Fragestellungen und Debatten und geht in begleitenden Essays einerseits auf die Geschichte des Mediums und seine Entfaltung, andererseits auf die ästhetischen Visionen, Experimente und Projekte (Mikrodrama, Radioroman, Geräuschtheater, Übertragungsdebatten) ein sowie auf die Vorstellungen von Künstlern und Schriftstellern anhand einer Analyse ihrer Interviewtexte.