Artikel-Nr.: 978-3-8498-1776-3
Wer kennt heute noch die Namen der einst berühmten Deutsch-Florentiner oder Florentiner Deutschen, Namen wie Karl Hillebrand, Alfred von Reumont, Adolph von Hildebrand, Conrad Fiedler, Herman Grimm, Ludmilla Assing, Moritz und Hugo Schiff, Heinrich Homberger oder Isolde Kurz? Politisch wie weltanschaulich waren sie sich keineswegs einig. Historisch standen sie in gleich mehreren Epochenumbrüchen und schlugen Brücken zwischen Romantik und Vor- und Nachmärz, zwischen Risorgimento, Postrisorgimento und Gründerzeit. Und sie bezogen Stellung in den Kontroversen ihrer Zeit, irgendwo zwischen Revolution und „Realpolitik“, Nationalismus und Kosmopolitismus, Epigonalität und Utopie. Zwischen 1860 und dem Ende der 1880er Jahre bildeten sie zusammen mit ihren italienischen Freunden und Kollegen ein dynamisches Netz von Beziehungen in der Stadt am Arno, an deren freiheitliche Traditionen sie anknüpften und deren liberales und künstlerisch-intellektuelles Klima sie schätzten. In diesem Buch kommen sie noch einmal zu Wort mit ihren Themen und Theorien, ihren klarsichtigen, zukunftsweisenden Analysen und ihren Irrtümern.
Daten |
Rotraut Fischer Fluchtpunkt Florenz Deutsch-Florentiner in Risorgimento und Gründerzeit 2022 ISBN 978-3-8498-1776-3 375 Seiten E-Book (PDF-Datei), 2,6 MB |
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Inhalt |
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Autoreninfo |
Rotraut Fischer, Dr. phil., Literaturwissenschaftlerin und Publizistin; aktuelle Arbeitsschwerpunkte: Literatur des 19. Jahrhunderts, Kulturgeschichte der deutsch-italienischen Beziehungen und Edition von Briefwechseln der Romantik. Projektmitarbeiterin im Fachgebiet Computerphilologie am Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft der TU Darmstadt. |
Lese-/Hörprobe |
Leseprobe: lp-9783849817565.pdf |
Aus der Kritik |
Rotraut Fischer hat eine Studie vorgelegt, die innerhalb der seit Jahrzehnten prosperierenden Studien zu Italien verdienstvollerweise den Fokus vom vielbeforschten Rom auf das kulturgeschichtlich aus deutscher Perspektive unbekanntere Florenz legt. [...] Es gelingt ihr in diesem Buch ganz hervorragend, mehr oder weniger prominente Menschen und Plätze in Beziehung zueinander zu setzen und die Grundlagen für weitere Forschungen zu Florenz im 19. Jahrhundert und seinen deutschen Bewohner zu legen. […] die literarhistorische Erforschung jener deutschsprachigen Exilsituation im 19. Jahrhundert, die mit der Vorbereitung nationaler Einheit, der internationalen Revolution von 1848/49 und ihren Folgen sowie der Entdeckung der republikanischen Vergangenheit von Florenz koinzidierte, [blieb] bisher eher vernachlässigt. […] Fischers Buch gewinnt nicht nur durch die kenntnisreiche Darstellung der Szenerie der Salons und Begegnungen, sondern auch durch die reflektierte Diskussion ästhetischer und sozialer Umbrüche an Aussagekraft. […] Das Buch von Rotraud Fischer konstruiert auf höchst anschauliche und überzeugende Weise den Topos Florenz als ein kaum zu übersehender Faktor in der komplexen Entwicklung der intellektuellen Beziehungen zwischen deutschen und italienischen, aber auch darüber hinaus europäischen Kontexten im 19. Jahrhundert. Nicht nur in der Zeit Goethes oder in der Romantik spielt das „Land, wo die Zitronen blühen“ kulturgeschichtlich für Deutschland eine bedeutsame Rolle [...]. [A]uf der Grundlage einer beeindruckenden Auswertung der Forschungsliteratur [beschreibt die Autorin] den „Paradigmawechsel“ von Rom nach Florenz. [...] In zehn Kapiteln werden behandelt der „kosmopolitische Salon“ der Gräfin Albany Stolberg-Gedern [...], der Historiker und Diplomat Alfred v. Reumont [...], die Schriftsteller Gino Capponi [...] und Giovan Vieusseux [...] gefolgt von der Opernsängerin Caroline Unger [...], Adele Schopenhauer [...], Fanny Lewald [...]. Der Band enthält ein umfassendes Literaturverzeichnis und am Schluß ein instruktives Register. Kenntnis- und facettenreich behandelt Fischer [...] den Paradigmenwechsel vom römischen Arkadien zum Renaissance-Florenz, um im folgenden Hauptteil die Exilerfahrungen der Deutsch-Florentiner [...] auszuleuchten. Die Liste der Florenz-Resident*innen, darunter sehr viele Frauen, die mit tradierten Weiblichkeitsnormen brachen, und ihrer einheimischen Gewährsleute verdeutlicht den in mancherlei Hinsicht heterogenen Charakter des deutsch-italienischen Beziehungsgeflechts in Florenz. [...] [Es ist die] herausragende[] Qualität des Buchs, eine Geistes- und Literaturlandschaft wie ein verborgenes Biotop freigelegt zu haben [...]. Allen an der Kulturgeschichte Italiens und Deutschlands Interessierten sei der Band nachdrücklich empfohlen. |