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Wer über Tragik und Tragödie im frühen zwanzigsten Jahrhundert schreibt, meint die letzten Dinge, die letzten Ordnungen: Religion und Erfüllung, Katastrophe und Erlösung. Das Nachdenken über die Tragödie wird als eine bisher vernachlässigte Form begreifbar, Kultur an ihrem Ende wahrzunehmen. Die vorliegende Studie will unter diesem Blickwinkel sowohl die Vielfalt an Tragödientheorien aufzeigen und gegeneinander abgrenzen als auch auf die Wechselwirkungen zwischen kultureller Diagnose („Tragödie der Kultur“) und einschlägiger Theorie hinweisen.
Die Etappen der Arbeit am „Tragödien-Komplex“ geben unter anderem modellhafte Einsicht, wie sich sakrale Denkfiguren in den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts gebildet haben. Manche der behandelten Tragödientheorien, etwa jene von Walter Benjamin, Franz Rosenzweig oder Ernst Bloch, aktualisieren eine bestimmte Tradition deutschen Denkens unter anderen, neumessianischen Vorzeichen. Die Ausführungen in diesem Band lassen sich somit als Beitrag zur Rekonstruktion deutscher und deutsch-jüdischer Ideen- und Geistesgeschichte des frühen zwanzigsten Jahrhunderts lesen.
Jürgen Thaler
Dramatische Seelen
Tragödientheorien im frühen zwanzigsten Jahrhundert
2003
250 Seiten
kartoniert
ISBN 3-89528-376-2
Jürgen Thaler, geboren 1968, Studium der Germanistik und Publizistik an der Universität Wien; 1997/98 Visiting Research Fellow am Franz-Rosenzweig-Center der Hebrew University Jerusalem; 2001 Promotion an der FU Berlin. Veröffentlichungen (u.a.): Ein Kriseln geht durch unsere schüttere Zeit. Zur Transformation des Karnevals in den Schriften von Florens Christian Rang (1864-1924). Wien 1997; Kaspar Moosbrugger – Rudolf Hildebrand. Briefe 1869-1894 (Hg.). Lengwil 1999.
Die Tragödie zählt zu den vernachlässigten Themen im Forschungsbereich der literarischen Moderne, denn die Gattung gilt als überlebt und die Rede vom Tragischen als reaktionär. Einen Ausschnitt des „tragischen Diskurses nach 1900“ [...] bringt die vorl. Studie wieder ans Licht. [...] Die besondere Stärke der Untersuchung liegt [...] in der philologisch detaillierten Aufdeckung der intellektuellen Vernetzung der diskutierten Autoren. Aufmerken läßt der Umstand, daß die meisten der ausgewählten Autoren jüd. Herkunft waren.
Daniel Fulda in „Germanistik“ (Heft 1/2, 2004)
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