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Max Herrmann-Neiße: Kritiken und Essays

 

Kritische Edition in drei Bänden

Herausgegeben von Sibylle Schönborn
 

Max Herrmann-Neiße (1886-1941) war zwischen 1909 und 1939 ein zentraler Protagonist der sich rasant ausdifferenzierenden europäischen Moderne. Mit Alfred Kerr verstand er Kritik als eigenständige Kunstform und autonome Instanz innerhalb des literarischen Feldes. Als maßgeblicher Akteur in einem dichten Netzwerk von Kunst- und Kulturschaffenden beobachtete er die Entwicklungen der vielfältigen Avantgarden im politischen wie kulturellen Zentrum Berlin. Die Spannbreite seiner Kritikertätigkeit reichte in den drei ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts von der frühexpressionistischen Kritik um den Ersten Weltkrieg über das Engagement für eine Politisierung der Literatur in der Weimarer Republik bis zum Entwurf einer internationalen littérature engagée während der Erstarkung des Nationalsozialismus und dem Aufbau eines Exilnetzwerks in London. Daneben profiliert sich der Autor mit seinen Theater- und Kabarettkritiken als Beobachter performativer Künste, der nicht nur die Entwicklungen des zeitgenössischen Theaters umfassend dokumentiert, sondern auch eine erste Chronik der Massen- und Unterhaltungskultur im Berlin der 1920er Jahre liefert.

Die dreibändige Edition aller publizierten wie bisher nicht und hier erstmals publizierten Kritiken und Essays präsentiert die Vielfalt künstlerischer Konzepte und Aktionen der Moderne als dichte Momentaufnahme der kulturellen Szenen im historischen Kontext der Zeit.

Band 1 (1909-1920) versammelt neben den Anfängen in der Breslauer Zeitung Kritiken aus den expressionistischen Zeitschriften Wiecker Bote, Der Mistral, Sirius, Zeit-Echo, Marsyas, Die weissen Blätter, Die Erde, Der Strom, Das Kunstblatt, Der Osten, in denen der Autor mit expressionistischen Formen experimentiert, sich im Umkreis des Kurt Wolff Verlags positioniert, erste Essays für die Neue Rundschau verfasst und sein Profil als Vertreter und Promotor einer pazifistischen Literatur während des Ersten Weltkriegs ausbildet. Im Kunstblatt und der Neuen Schaubühne etabliert sich der Autor als Theaterkritiker.

Band 2 (1921-1924) zeigt die gesamte Vielfalt der Kritikertätigkeit, die sich im Umfang der belieferten Zeitungen und Zeitschriften Berliner Börsen-Courier, Berliner Tageblatt, Frankfurter Zeitung, Kölner Tageblatt, Prager Presse, Neue Rundschau, Die neue Bücherschau, Die Lebenden, Die Werber u.v.a. sowie in der Diversität der Themen und Gegenstände niederschlägt, die von dem politischen Engagement in Pfemferts Aktion bis zur Entwicklung eines Kanons internationaler demokratischer Literatur und regelmäßiger Theaterkritiken für die Neue Schaubühne, die Blätter des Deutschen Theaters und den Vorhang reicht.

Band 3 (1925-1939) lässt neben der Konzentration auf Theater und Kabarett, u.a. mit Kritiken in Das Stachelschwein, Die Frechheit, Der Kritiker und Der Drache, die Arbeit an einem gegen Totalitarismen jeglicher Art gerichteten Kanon der zeitgenössischen europäischen Literatur mit punktuellen Ausflügen in die Weltliteratur erkennen. Hierfür sind die Beiträge in den Zeitschriften Die Literarische Welt, Die Weltbühne und Der Weiße Rabe charakteristisch. Die letzten Publikationen aus dem Exil in der Pariser Tageszeitung, der Sammlung, dem Wort und dem Neuen Tage-Buch nehmen unter besonderer Berücksichtigung aktueller Lyrikproduktionen an der Diskussion um die Definition einer Literatur des Exils teil.

 

Aus der Kritik:
 

[...] Der Feuilletonist und Kritiker Herrmann zeigt auf stupende Art seine breite und tiefe Kenntnis der aktuellen literarischen Szene – national wie international. Er rezensiert nicht nur Neuerscheinungen, sondern vermittelt zugleich immer auch grundsätzliche ästhetisch-poetologische Überzeugungen. [...] Die von der Gesamtherausgeberin Sibylle Schönborn verantwortete Ausgabe informiert in einem ausführlichen Kommentarteil über die jeweiligen Drucknachweise und bietet zudem einen kritischen Apparat, der Fehlerkorrekturen u.ä. enthält. Ein Anhang mit Bemerkungen zur Edition, einem umfangreichen Nachwort sowie einem Personenverzeichnis runden diese wichtige Ausgabe eines für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts bedeutenden – und leider immer noch nur mäßig bekannten – Schriftstellers und Kritikers ab.
Werner Jung in „literaturkritk.de“ (März 2020) [zu Band 1]

Körperlich war er gehandicapt: kleinwüchsig, verwachsen, bucklig. Geistig aber war er ein Souverän: gebildet, vorurteilslos, unbestechlich. Jetzt ist der Dichter Max Herrmann-Neiße in einer opulenten Ausgabe seiner Kritiken und Essays aus den Jahren 1909 bis 1939 als Diagnostiker seiner Zeit zu entdecken.
Jörg Magenau in „Deutschlandfunk Büchermarkt“ (08.05.2022)
Zum vollständigen Text: https://www.deutschlandfunk.de/in-dieser-gottverlassenen-zeit-100.html

(…) Die ca. 900 heute noch bekannten Kritiken und Essays werden in einer philologisch präzisen Ausgabe zugänglich gemacht (…). Sorgfältig gedruckt, übersichtlich gestaltet, auf Lesefreundlichkeit angelegt, solide und ansprechend in blaues Leinen gebunden, liegen mit einem Umfang von 798 und 809 S. die ersten beiden Bände vor. Der dritte und letzte Band ist angekündigt. (…) Die auf den Erstdrucken basierende, sorgfältige Textkonstruktion entspricht den Grundsätzen kritischer Editionen: Der edierte Text folgt ›in Wortlaut und Lautstand, in Orthographie und Interpunktion‹ dem Textstand der Vorlagen (Giblak 2021: 714). Dieses Prinzip wird mit erfreulicher Konsequenz verfolgt (…). Der Kommentar enthält die Nachweise zur Textgrundlage und zur Überlieferung. Eine Kurzcharakteristik gibt die Textsorte (…) an und weist die genauen Titel der besprochenen Bücher nach, einschließlich Angaben zur Herausgeberschaft, Übersetzung, Illustration und Reihe sowie zum Verlag und Herstellungsort – eine bei der großen Titelvielfalt enorme Arbeitsleistung. (…)
Barbara von Reibnitz (Basel) in „PhiN“ 93/2022

Nach der Veröffentlichung des 1. Bandes [...] im letzten Jahr sind nun rasch hintereinander zwei weitere Bände Kritiken und Essays von Max Herrmann-Neiße erschienen. Damit ist diese überaus verdienstvolle Ausgabe abgeschlossen, 837 Texte liegen in drei stattlichen Bänden vor. [...] Man kann sich durchaus festlesen in diesen Texten, aber auch in flanierender Einstellung diese Bände bloß durchstreifen und begegnet dabei einem Schriftsteller, der sich selbst immer gerne als Lyriker gesehen hat, zugleich aber ein enorm produktiver Kritiker seiner und in seiner Zeit gewesen ist. [...] Aus der Lektüre von Herrmann-Neißes Kritiken und Essays, das fassen Fabian Wilhelmi und Sibylle Schönborn in ihrem Nachwort in Band 3 noch einmal bündig zusammen, erkennen die heutige Leserin und der heutige Leser in der literarischen und insgesamt kulturellen Situation des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts eine merkwürdige Melange, eine „Gleichzeitigkeit von Gegensätzen und Widersprüchen“, als „Pendelbewegung zwischen Traditionalismus und Moderne, politisch engagierter Literatur und Ästhetizismus, tagespolitischen Literaten oder Dichtern qua Schöpferindividualität, Großstadtliteratur und Regional- bzw. Heimatdichtung, elitärer Kunst und Unterhaltungskultur.“
Werner Jung in „literaturkritik.de“ (September 2022)
Zur vollständigen Rezension: https://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=29131

[...] Wie Herrmanns Fleiß, seine verbindliche Geselligkeit, sein soziales Geschick, verbunden mit einem soliden ethischen Kompass (konsequent pazifistisch und egalitär), dann doch ein bedeutendes literaturkritisches Werk entstehen ließen, zeigt jetzt eine von Sibylle Schönborn herausgegebene vorbildliche kritische Edition des gesamten journalistischen Werks. Die knapp neunhundert Texte aus den Jahren 1909 bis 1939 werden in drei massiven Bänden präsentiert. In unentbehrlichen, kenntnisreichen Nachwörtern charakterisieren die bandspezifischen Herausgeber Beata Giblak, Simone Zupfer sowie Fabian Wilhelmi zusammen mit Schönborn die kulturelle und politische Ausrichtung der drei Dutzend Zeitungen und Zeitschriften, für die Herrmann schrieb, und analysieren dessen changierenden Stil [...] Die Ausgabe der „Kritiken und Essays 1909–1939“ macht nun die dritte große Komponente von Herrmanns Werk zugänglich. Jetzt erst sitzt Max Herrmann-Neiße vollendet vor uns, in einem erstklassigen Dreiteiler, der Auskunft gibt über seine Klarsicht, seinen Mut und seine Kunst.
Susanne Klingenstein in „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (14.12.2022)
Eine lesenswerte Inhaltsangabe des ganzen Artikels ist im Perlentaucher erschienen: https://www.perlentaucher.de/buch/max-herrmann-neisse/max-herrmann-neisse-kritiken-und-essays-band-1.html

[...] Die Düsseldorfer Germanistin Sibylle Schönborn hat diese historisch-kritische Ausgabe initiiert und von Studierenden ihres Seminars erarbeiten lassen, eine editorisch beeindruckende Meisterleistung. [...] Drei schwergewichtige Bände (insgesamt 2726 Seiten) sind es geworden - Kritiken nicht nur zur Belehrung, sondern auch zur Beherzigung [...].
Klaus Völker in „Theater heute“ (Juli 2023)

 


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Artikel-Nr.: 978-3-8498-1750-3

Herausgegeben von Beata Giblak
unter Mitwirkung von Fabian Wilhelmi und Simone Zupfer

Kritische Edition in drei Bänden
Herausgegeben von Sibylle Schönborn

Auch als E-Book erhältlich: ISBN 978-3-8498-1690-2

178,00 *
Artikel-Nr.: 978-3-8498-1690-2

Herausgegeben von Beata Giblak
unter Mitwirkung von Fabian Wilhelmi und Simone Zupfer

Kritische Edition in drei Bänden
Herausgegeben von Sibylle Schönborn

Auch als Print-Ausgabe erhältlich: ISBN 978-3-8498-1750-3

178,00 *
Artikel-Nr.: 978-3-8498-1764-0

Herausgegeben von Simone Zupfer
unter Mitwirkung von Beata Giblak, Madlen Kazmierczak und Fabian Wilhelmi

Kritische Edition in drei Bänden
Herausgegeben von Sibylle Schönborn

Auch als E-Book erhältlich: ISBN 978-3-8498-1691-9

178,00 *
Artikel-Nr.: 978-3-8498-1691-9

Herausgegeben von Simone Zupfer
unter Mitwirkung von Beata Giblak, Madlen Kazmierczak und Fabian Wilhelmi

Kritische Edition in drei Bänden
Herausgegeben von Sibylle Schönborn

Auch als Print-Ausgabe erhältlich: ISBN 978-3-8498-1764-0

178,00 *
Artikel-Nr.: 978-3-8498-1813-5

Herausgegeben von Fabian Wilhelmi
unter Mitwirkung von Hendrik Cramer, Beata Giblak, Verena Rheinberg und Simone Zupfer

Kritische Edition in drei Bänden
Herausgegeben von Sibylle Schönborn

Auch als E-Book erhältlich: ISBN 978-3-8498-1692-6

178,00 *
Artikel-Nr.: 978-3-8498-1692-6

Herausgegeben von Fabian Wilhelmi
unter Mitwirkung von Hendrik Cramer, Beata Giblak, Verena Rheinberg und Simone Zupfer

Kritische Edition in drei Bänden
Herausgegeben von Sibylle Schönborn

Auch als Print-Ausgabe erhältlich: ISBN 978-3-8498-1813-5

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