Die vorliegende Arbeit untersucht den Komplex Souveränität, Feindschaft und Masse im kulturhistorischen und literarischen Kontext des Vormärz und geht ihm in eingehenden Textanalysen des Früh- und Spätwerks von Christian Dietrich Grabbe nach. Angeregt durch Walter Benjamins Lektüre des deutschen Trauerspiels, das als Theater der Krise in seiner dramatischen Konstellation sowie in seiner exzessiven Theatralität eine erstaunliche Vergleichbarkeit mit Grabbes maßloser Dramaturgie aufweist, wird dieser Dramatiker als melancholischer Moderner erkennbar.
Ausgehend von der unauflösbaren Spannung zwischen dramaturgischer Innovation und ideologischer Melancholie, die Grabbe – um die Kontingenz der Geschichte wissend – in seinen Dramen auslotet, wertet diese Arbeit den ambivalenten, heterogenen und sogar ostentativ irritierenden Charakter von Grabbes Dramentexten nicht als dramaturgisch mangelhaft und unspielbar, sondern als Symptom seiner ›zaudernden Modernität‹, und diskutiert deren Möglichkeiten für eine postdramatische Ästhetik.
Sientje Maes
Souveränität - Feindschaft - Masse
Theatralik und Rhetorik des Politischen in den Dramen Christian Dietrich Grabbes
Moderne-Studien 15
2013
ISBN 978-3-8498-1001-6
241 Seiten
kartoniert
Sientje Maes, geb. 1984, studierte Germanistik, Anglistik und Philosophie an der Universität Leuven, wo sie von 2008 bis 2013 als Forscherin des flämischen Wissenschaftsfonds (FWO) tätig war.
Leseprobe: lp-9783849810016.pdf
In contrast to those critics whose interpretations seek to impose harmony and reconciliation on Grabbe’s works, she [Maes] focuses on the disparities that make them such intriguing representations of their epoch. [...] Grabbe’s message, she suggests, is that the decline of idealism has drained history of any absolute values and turned it into tragicomedy or farce. [...] Ineach of [his] plays the potentially greatmanwouldbeneeded to put the world right, but the project fails because the world is incorrigible and because the great man’s ability to correct it is severely limited by his own weakness and contingent forces. [...] While [Maes] does refer to Grabbe’s „Bewusstsein der Kontingenz der Geschichte, das seinen Dramen deutliche moderne Zu¨ge verleiht,“ she stresses that he ultimately regretted „den Verlust von Sinnstiftung und Entscheidungsmacht, wie er sie in den großen Subjekten der Weltgeschichte verkörpert sah“ too much to welcome modernity (229). [...] [Maes’] perceptive analyses of the details lend conviction to her assessment of the whole.
Ladislaus Löb in „German Quarterly Book Reviews“ (Winter 2015)
Moderne-Studien 15
Sientje Maes erhält für ihre Untersuchung den Gallitzin-Preis 2016 für Literaturwissenschaft. Der mit EUR 5.000,- dotierte Preis wird ihr am 19.3. um 11.00 Uhr in der Rüstkammer des Rathauses zu Münster (Prinzipalmarkt) vom Vorstand der Gallitzin-Stiftung überreicht.
(Die Gallitzin-Stiftung in Münster fördert junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Arbeiten einen besonderen Beitrag zur Erforschung der Kulturgeschichte Westfalens leisten. Dazu vergibt die Stiftung alle zwei Jahre den mit je 5.000 € dotierten Gallitzin-Preis für herausragende Leistungen in den Bereichen Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte.)