Experimentelle Poesie, wie sie sich auf der Grundlage ihrer modernen Tradition seit den 70er Jahren präsentiert, besetzt in der Literatur den Ort, an dem der prekäre Zusammenhang zwischen Subjektivität und Medien verarbeitet wird. Dabei hat sie sich - in ihrer Semantik, ihren Verfahren, Werken und Akteuren – für Fragestellungen sensibilisiert, die avanciert auch in der bildenden bzw. einer allgemeinen Medienkunst sowie anders in einschlägigen Wissenschaftsdiskursen behandelt werden: Fragen nach den Bedingungen und Abläufen symbolischer (Selbst-)Vermittlung des Menschen, des Individuums, des Subjekts, seines ,Geistes‘, ,Innern`, seines ,Ich‘ in Abhängigkeit von seinem Körper und seinen Sozialformen. Das Interesse der vorliegenden Abhandlung liegt darin, diese spezifische Leistung experimenteller Poesie unter system- und medientheoretischen Gesichtspunkten herauszuarbeiten und dabei die Frage nach dem gegenwärtigen Stellenwert von Subjektivität in der Mediengesellschaft zu erörtern. Die Argumentation setzt mit Studien zur Subjektivitätssemantik anhand auffälliger Ähnlichkeiten zwischen konstruktivistischem Diskurs und experimenteller Poetik an, für die Essays von Oskar Pastior, Oswald Wiener und Ferdinand Schmatz als Beispiele dienen. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt dann auf der Erörterung sprachlicher Ausdruckstypik der Subjektivität und ihrer poetische Diabolisierung durch intermediale Schriftzeichnungen Gerhard Rühms. Schließlich wird die Diskussion in der Figur des Rezipienten zusammengeführt, wie er sich als vergeistigtes Ideal konzeptueller Poesie und als verkörpertes Modul hypermedialer Dichtung darstellt.