Dass Victor Kalinowski nur eine regionale, auf das Arbeitermilieu des Ruhrgebiets beschränkte Bekanntheit erreichte, ist aufgrund der zeitdiagnostischen Brisanz seiner in der Weimarer Republik erschienenen Gedichte eigentlich erstaunlich. Ein entscheidender Grund: Sie erschienen fast ausschließlich in der Bergarbeiter-Zeitung und konnten aufgrund des Publikationsverbots 1933 nicht mehr in Buchform veröffentlicht werden. Sicherlich spielt auch die Tatsache hinein, dass manche Gedichte eher »gereimte Leitartikel« (Walter Köpping) waren. Das klingt disqualifizierend, betont aber die Wirkungsabsicht, die Kalinowski seinen Texten zuschrieb.
Als Setzer der Bergarbeiterverbands kommentierte Victor Kalinowski knapp zwanzig Jahre lang die Drangsalierung der Arbeiterschaft, deren mangelnde Politisierung, die herrische Front der Unternehmer und nicht zuletzt den reaktionären Irrsinn. Gedichte gegen Gewinnsucht und Drückeberger, gegen kapitalistische Kurzsicht. Die ökonomischen und politischen Instabilitäten seiner Zeit griff Kalinowski sehr regelmäßig auf. Seine Zwischenrufe werden mit den Leitartikeln der Gewerkschaftszeitung konfrontiert; so spannt sich ein zeithistorisches Panorama auf. Abgerundet wird der Band mit einem Beitrag zu Arbeit, Kapital und Krise in der Weimarer Republik.