Aus der Kritik:
Der älteste Sohn gilt als größter Versager. Das Bild vom versoffenen Genie haftet Wilhelm Friedemann Bach bis heute an. Ein Bild, das der Herforder Autor Dr. Ulrich Kahmann in seiner neuen Biographie über den Musiker und Komponisten zu revidieren versucht. Das mehr als 300 Seiten umfassende Buch erscheint rechtzeitig zum 300. Geburtstag Friedemann Bachs. Dieser wurde am 22. November 1710 in Weimar geboren. Friedemann war der erste Sohn Johann Sebastian Bachs. Und er habe nie aus dem Schatten seines übermächtigen Vaters treten können, sagt Ulrich Kahmann, der über das Thema »Biographische Portraits« auch Uni-Seminare abhält. Fast fünf Jahre hat der Herforder an dem Bach-Stoff gearbeitet – eine der Fragen, die ihn beschäftigte: »Wie kann jemand mit einer solchen Begabung und Ausbildung scheitern?« Denn dass Friedemann Bach weit unter seinen Möglichkeiten geblieben ist, will auch der Biograph nicht in Zweifel ziehen. Nur sei eben das Negativ-Image zu einseitig. »Der unterschätzte Sohn« lautet daher der Untertitel des Buches [...].
Hartmut Horstmann in „Herforder Kreisblatt“ (11.11.2010)
[...] Pünktlich zu seinem 300. Geburtstag am kommenden Montag legt der Aisthesis Verlag nun Ulrich Kahmanns neue Biografie „Wilhelm Friedemann Bach. Der unterschätzte Sohn“ vor, die mit den romantisch gefärbten Klischees vom jähzornigen und trunksüchtigen Komponisten und Pianisten gründlich aufräumt. [Er] schildert [...] faktensatt und mit großer Empathie das Leben eines Mannes, den seine Mit- und Mit- und Nachwelt immer am übergroßen Vorbild des Vaters maß - und für zu klein befand. [...] Mit der großen, sachkundigen Biografie von Kahmann liegt nach diversen Aufsätzen nun endlich ein Werk vor, das auch dem unsäglichen Roman von Albert Emil Brachvogel Paroli bietet, dessen verzerrtes Porträt in einer Oper von Paul Graener sowie in dem Ufa-Film von 1941 (mit Gustaf Gründgens in der Titelrolle) fortgeschrieben wurde. Spannend sind neben den musikalischen Einordnungen hier auch und vor allem die lebensweltlichen Passagen, die bis hin zur Instrumentenliste der halleschen Marktkirche führen: Dort fanden sich 1746 „drey neue Trompeten, anstatt der gestohlnen angeschaffet“ sowie „eine alte Trompete und noch eine ältere“.
Andreas Hilliger in „Mitteldeutsche Zeitung“ (19.11.2010)
[...] Zum 300. Geburtstag, am 22. November 2010, hat Dr. Ulrich Kahmann über den ältesten Sohn Johann Sebastians eine Biographie veröffentlicht, die auf Forschung basiert. Es ist die erste seit 1913, als der Musik-Wissenschaftler Martin Falk die Mythen über die „verkrachte Existenz“ ausgeräumt hatte. In 15 Archiven hat Kahmann geforscht. Die Literaturliste, aus der er zitiert, ist 24 Buchseiten lang. So ist ein Erzähltext auf wissenschaftlicher Grundlage entstanden. [...] Die Tragik des Künstlerlebens von Wilhelm Friedemann beschreibt der Autor so: Sie bestand darin, dass er in der Übergangszeit von Barock zur Klassik lebte. Und im Gegensatz zu seinem stylistisch empfindsamen Bruder Carl Philipp Emanuel hat er den Wechsel nicht vollziehen können. [...]
Hartmut Brandtmann in „Neue Westfälische“ (19.11.2010)
Kulturgespräch: Im Schatten des Vaters. Die traurige Lebensgeschichte des ältesten Bach-Sohns Wilhelm Friedemann Bach - Gespräch mit dem Biografienforscher Ulrich Kahmann, SWR2 am Morgen, 22.11.2010
[...] Endlich hat sich nun mit Ulrich Kahmann ein wortgewaltiger Autor der überfälligen Aufgabe gestellt, dieses verzeichnete und unhistorische Bild des überaus begabten Komponisten neu zu zeichnen, ohne dabei Schönfärberei zu betreiben: das Bild eines getriebenen Mannes, der sich nicht allein damit schwertat, sich gegenüber dem Vater zu behaupten, sondern der auch Probleme hatte, seinen Platz in der musikalischen Übergangszeit vom Barock zur Klassik zu finden. Dabei bedient sich der auch als Hörfunkautor erfolgreiche Hochschuldozent einer erfrischenden Sprache, die bewusst den wissenschaftlichen Duktus vermeidet, ohne dabei beliebig oder unklar zu sein. Ein sich augenblicklich einstellendes Lesevergnügen illustrieren schon Überschriften wie »Lektionen fürs Leben«, »Organist im Feenland«, »Das Ende der Beherrschung« oder »Unhappy End«. Dennoch bleibt Kahmann keinen (wissenschaftlichen) Nachweis schuldig, sei es durch einen Fußnotenapparat oder den Anhang mit ausführlichen Literaturhinweisen.
musikwelt meint: Die sprachlich virtuose Ehrenrettung eines verkannten Komponisten – und dabei ein Lesevergnügen für wirklich jeden Musikfreund!
In „musikschulwelt.de“ (10.12.2010)
Vollständig: http://musikschulwelt.de/neuerscheinungen/481-der-unterschaetzte-sohn
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