Die Aufsatzsammlung thematisiert Entstehung und Entwicklung der westfälischen Publizistik zwischen 1750 und 1850 als genuin protestantisches Phänomen: In Abgrenzung zu Voltaire würdigte Justus Möser erstmals den Volksaufklärer Luther und das gemeinnützig-emanzipatorische Prinzip seiner Reformation in Pädagogik und Publizistik. Die Intelligenzblätter von Osnabrück, Minden und Lemgo setzten diese volksaufklärerische Tradition konsequent fort, gelegentlich unter Aufnahme von Beiträgen aus katholischer und jüdischer Feder. An ihrem Austausch von Ideen und Artikeln beteiligte sich ab 1785 das Intelligenzblatt des reformkatholischen Fürstbistums Münster; im Vorjahr hatte Weddigen das erste überregionale und überkonfessionelle Westphälische Magazin gegründet. Diverse Fortsetzungsorgane folgten bis in den Vormärz, so Mallinckrodts Westfälischer Anzeiger, das Mindener Sonntagsblatt und die Herforder Westphalia. Die volksaufklärerische Ökumene fand ihren Höhepunkt in Natorps Quartalschrift für Religionslehrer. Diese Gelehrtenrepublik und Publikationslandschaft wurden nach 1848 durch den Antimodernismus in Preußen und in beiden Großkirchen vergessen gemacht.
Frank Stückemann
Von Voltaire bis Volkening
Volksaufklärung und Gegenaufklärung in Westfalen
Herausgegeben von Peter Heßelmann
Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen, Band 101
2023
ISBN 978-3-8498-1879-1
655 Seiten
kartoniert
Als Gemeindepfarrer promovierte Frank Stückemann 2008 über den auch hier behandelten J. M. Schwager, dessen Werke er vor allem für die LWL-Literaturkommission herausgab. Im Auftrag der Evangelischen Kirche von Westfalen publizierte er 2022 ein Werk über das NRW-Sozialwerk Stukenbrock. Er veröffentlichte zahlreiche Studien über das Zeitalter von Aufklärung und Vormärz und übersetzte französische, englische und neulateinische Dichtung der Moderne.
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Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen, Band 101