Der Erzähler, Essayist, Reiseschriftsteller und Journalist Kasimir Edschmid (1890 bis 1966) war Jahrzehnte lang eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des deutschen literarischen Lebens, und dabei zeitlebens ein überaus produktiver Schriftsteller.
Hermann Schlössers Edschmid-Biographie unternimmt erstmals den Versuch einer Gesamtdeutung von Edschmids Leben und Lebenswerk. Der Autor, dessen literarische Laufbahn mit expressionistischen Erzählungen begann, entwickelte sich in den Zwanziger Jahren zum Repräsentanten eines sportiven und mobilen Lebensstils und trat vor allem mit viel gelesenen Reisebüchern hervor. Von den Nationalsozialisten wurde Edschmid als „Zivilisiationsliterat“ verdächtigt, seine Bücher wurden 1933 verbrannt. Hier wird erstmals dargestellt, wie er in den engen Grenzen, die ihm von der Diktatur gezogen wurden, weiterlebte und -arbeitete. In seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten war Edschmid schließlich einer der entscheidend wichtigen Literaturfunktionäre der Bundesrepublik, dessen literaturpolitische Leistungen ausführlich gewürdigt werden. Das wichtigste Ziel der Arbeit besteht jedoch darin, auf dem Weg der Biographie ein neues Interesse am umfangreichen literarischen Werk Kasimir Edschmids zu wecken.
Hermann Schlösser
Kasimir Edschmid
Expressionist • Reisender • Romancier
Eine Werkbiographie
2007
ISBN 978-3-89528-612-4
480 Seiten, mit Abb.
gebunden
Hermann Schlösser, Dr. phil., geb. 1953 in Worms. Studium der Germanistik und Anglistik in Marburg und Sheffield. Er lebt in Wien und arbeitet als Feuilleton-Redakteur der „Wiener Zeitung“. Schreibt vor allem über die Kultur des Reisens, die Reiseliteratur und die deutschsprachige Literatur des 20. Jahrhunderts. Neueste Buchpublikationen: „In Büchern unterwegs. Gedanken beim Lesen von Reiseliteratur“ (Wien 2003), „Blicke von außen. Österreichische Literatur im internationalen Kontext. (Zusammen mit Franz Haas und Klaus Zeyringer, Innsbruck 2003)
[...] Die Werkbiographie Kasimir Edschmids ist nicht nur der gelungene Versuch, einem Menschen und Dichter durch behutsame Mikroskopiearbeit Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sondern auch ein sehr erhellender Beitrag zu einem der schwierigsten Kapitel der deutschen Geschichte, wobei die Manövrierungen und Konsolidierungen der Wiederaufbauzeit fast noch spannender zu lesen sind als die bizarr anmutende „Leidenszeit“ während des Dritten Reichs. Das alles ist geschrieben in einer Sprache, die das Lesen zum Vergnügen macht, nicht zuletzt, weil der Autor sich selbst immer wieder kommentierend bemerkbar macht. [...]
usw in „Wormser Wochenblatt“ (18.07.07)
[...] Tatsächlich ist gründliche Erkundung des Werkes von Kasimir Edschmid die große Leistung dieser Biografie. Sie ist umso höher zu schätzen, als gut vierzig Jahre nach dem Tod des Darmstädter Schriftstellers dessen Werk weitgehend vergessen ist, abgesehen von wenigen Ausnahmen wie dem frühen Roman „Die achatnen Kugeln“, der 1996 durch das Engagement des Kranichsteiner Literaturverlags wieder zugänglich wurde.
Schlösser stellt viele Werke Edschmids mit Zitaten und ausführlicher Analyse vor: der kenntnisreiche Einblick in ein ebenso umfangreiches wie vielseitiges Werk, das Fritz Usinger treffend einteilte in die „imaginierte Grandezza“ der frühen expressionistischen Erzählungen, die folgende Auseinandersetzung mit der Welt in den Reiseberichten, schließlich der Verknüpfung von Realität und Fiktion in den späten Werken. [...]
So ist eine Werkbiografie im besten Sinne entstanden, der die Balance gelingt zwischen der Schilderung des interessanten Details und dem großen Lebensbogen, den sie nachzeichnet. [...]
Schlösser schildert auch die Verlegenheiten, mit denen Edschmid im Nachkriegsdeutschland auf Fragen nach seiner Vergangenheit reagierte. Da war Edschmid längst zum ebenso vielseitigen wie diplomatisch geschickten Funktionär im Literaturbetrieb geworden, war Generalsekretär des PEN-Zentrums und Vizepräsident der Akademie für Sprache und Dichtung, lebte in Darmstadt als hochdekorierter Ehrenbürger und bezog das erste Haus der neuen Künstlerkolonie auf der Rosenhöhe. So zeichnet Schlössers Biografie ganz nebenbei auch ein farbiges Bild des Darmstädter Kulturlebens jener Jahre.
Johannes Breckner in „Darmstädter Echo“ (20.7.2007)
[...] Ich weiß nicht, ob es sich [...] schon herumgesprochen hat, dass Hermann Schlössers „Werkbiografie“ Kasimir Edschmid. Expressionist Reisender Romancier zu den gelungenen Exemplaren des Genres gehört. [...]
Walter Klier in „Wiener Zeitung extra“ (04.08.07)
[...] Schlösser's Werkbiographie is written in an engaging style and is a meticulously researched and eye-opening contribution to the works and life of an important figure of 20th-centurry German literature.
Christa Spreizer in „Monatshefte“ (2/2008)
[...] Die verbreitete Fehlmeinung, E. sei nach seiner expressionistischen Phase zum anspruchslosen Unterhaltungsliteraten mutiert, wird überzeugend widerlegt. [...] [D]ie Umsicht des selektierenden Biographen und seine Sachkenntniss [bleiben] beeindruckend.
Horst Fassel in „Germanistik“ (2007 / Heft 3-4)
[...] Stellenweise liest sich die Werkbiografie wie das Verwirrspiel eines Krimis. Mit dem Unterschied, dass Edschmids Wirken die realen Irrungen und Wirrungen der deutschen Gesellschaft seiner Zeit vor Augen führt. Er ist einer der Prominenten der jungen Bundesrepublik. Seine Schöpfungen sind in vieler Hinsicht lesenswert; nun erkennen wir, wie sie gleichermaßen der kritischen Auseinandersetzung bedürfen.
Joachim Hemmerle in „Mannheim Morgen“ (03.09.08)
[...] The man and writer who emerges at the centre of this rich biography is a non heroic inextricably caught up in the events of his time.
Ernest Schonfield in „Modern Laguage Review“ (103.4, 2008)
[...] Die Wahrnehmung von Literatur als tua res agitur ist auch das Proprium des häufig als Expressionisten deklarierten Kasimir Edschmid (1890-1966), der von Hermann Schlösser als Erzähler, Essayist, Reiseschriftsteller, Autorenverbandsfunktionär und Journalist ausführlich porträtiert wird. Bemerkenswerterweise scheint auch dieser Biograf unter Rechtfertigungszwang zu stehen. Bereits einleitend widerspricht der Wiener Kulturjournalist vehement dem Vorwurf, Biographik sei „Tratsch als Kunst“ (Walter Klier). In gut lesbarer Diktion untersucht Schlösser zentrale Lebensabschnitte, gemäß chronologischer Abfolge periodisiert in „Winde aus wechselnden Richtungen“ (1890-1921), „High Life“ (1922-1932), „Die Kunst der Selbsterhaltung“ (1933-1945) sowie „Ämter und Würden“ (1945-1966). Es gelingt auf diese Weise, einer Gesamtdeutung der literarischen Produktion bei Betrachtung der Vita deutlich näher zu kommen, als dies einer rein werkimmanent orientierten Methode möglich gewesen wäre [...].
Torsten Mergen in „literaturkritik.de“ (April 2009)
Vollständig unter: http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=12904