Diese Arbeit widmet sich den beiden letzten literarischen Prosatexten W. G. Sebalds, Die Ringe des Saturn und Austerlitz. Im Zentrum der Untersuchung steht die literarische Repräsentation von Gewalt und Zerstörung, die Sebald in seinen poetologischen Schriften als ethisch-ästhetisches Problem reflektiert. Die fokussierten Texte werden als Modellbildungen gelesen, die eine destruktive Dynamik historischer (Deutungs-)Prozesse mimetisch abbilden. In präzisen Textanalysen werden die konkreten Verfahren einer solchen „Figuration der Katastrophe“ herausgearbeitet. Hierbei kann gezeigt werden, dass die zunehmend kontroverse Rezeption Sebalds mit einer paradoxalen Konstruktion seines poetischen Verfahrens korreliert. Indem die Texte ‚Gewalt‘ einerseits mit traumatischen Zäsuren und andererseits mit dem kompensatorischen Reflex zur Wiederherstellung von Kohärenz identifizieren, verläuft die projektierte ‚Gegenbewegung‘ im Literarischen selbst aporetisch. Die charakteristische Doppelbewegung der Texte zwischen kontinuitätsstiftenden und fragmentierenden Darstellungsformen erzeugt Effekte der Unentscheidbarkeit und Ambivalenz. Diesen aporetischen Zugriff der Texte auf den Gegenstand der Gewalt bestimmt die vorliegende Untersuchung wiederum als Zentrum einer fortgesetzten poetologischen Metareflexion.
Bettina Mosbach
Figurationen der Katastrophe
Ästhetische Verfahren in W.G. Sebalds Die Ringe des Saturn und Austerlitz
2008
ISBN 978-3-89528-645-2
357 Seiten
kartoniert
Bettina Mosbach, Dr. phil., studierte deutsche und englische Literaturwissenschaft in Düsseldorf, Norwich und Bonn. Zurzeit arbeitet sie als freie Autorin, Lektorin und Übersetzerin in Bonn.
Mosbach arbeitet die ästhetischen Grundlagen der literarischen Arbeiten Sebalds in bisher nicht dagewesener Gründlichkeit heraus. Es gelingt ihr dabei, die widersprüchliche Rezeption S.s auf die paradoxe Konstruktion seiner Texte zurückzuführen.
Sigurd Martin in „Germanistik“, Band 49 (2008), Heft 3-4
[...] Mosbach's study is complex and generally insightful; it demonstrates a sustained knowledge of and engagement with existing research on Sebald and convincingly argues that self-reflexity and ambivalence are fundemental elements of his aesthetics of commemoration. [...] [Mosbach's] meticulous analysis and compelling findings would most certainly deserve a much broader audience among Sebal readers.
Markus Zisselsberger in „Monatshefte“ (3, 2009)
[...] Der erste Teil der Untersuchung liefert das notwendige Rüstzeug zur Entschlüsselung der vom Autor in Szene gesetzten erzählerischen Formeln: Nähe/Distanz, narrativer/geschichtlicher Ansatz, Introversion/Expansion, individuelle/ kollektive Erfahrung. Besonders interessant wirken die von Mosbach eingesetzten Bezüge zur Modellbildung des Sebaldschen Textes und zur Zeichenstruktur des Labyrinths und der Festung, die einander entgegengesetzte Aspekte der Erzählkonstruktion der poetischen Erfahrung des Schriftstellers zeigen – das Labyrinth als Autore?exion des enzyklopädischen Textes in Die Ringe des Saturn und die Festung als zentrale Figur des traumatisierten Gedächnisses in Austerlitz – und die in der existenziellen Erfahrung der Figuren eingemeißelte allegorische Ziffer wiedergeben. [...]
Elena Agazzi in „Arbitrium“ (1/2010)
Entscheidend ist, dass ihre Studie Sebalds unendliche Arbeit am Text an zwei Beispielen minutiös rekonstruiert und das ästhetische wie ethische Projekt seiner Prosa verdeutlicht.
Cord-Friedrich Berghahn in „Germanisch-Romanische Monatsschrift“ (Bd. 62, Heft 4/2012)