Die Fähigkeit zu lachen ist eine wesentliche Eigenschaft des Menschen und ein zentrales Element der Kommunikation. Lachen kann als gezieltes Mittel eingesetzt werden oder durch eine ungeplante Äußerung irritieren und provozieren. Aus diesem Grund war es immer auch Gegenstand gesellschaftlicher Reglementierung. Diese Untersuchung setzt voraus, dass nicht nur das, worüber wir lachen, sondern auch das Lachen selbst einer kulturellen Prägung unterliegt. Ausgehend von den Thesen Norbert Elias’ wird die Frage gestellt, ob auch das Lachen einen „Prozess der Zivilisation“, eine „Verhöflichung“ erfuhr.
Im Zentrum der Arbeit stehen die Diskussionen über das Lachen in der höfischen und der bürgerlichen Gesellschaft. Anhand der Anstands- und Höflichkeitsliteratur werden zunächst die Normierungen des Lachens erläutert. Ein genauer Blick auf die höfische Gesellschaft zeigt dann die vielseitigen Facetten der adeligen Lachkultur auf. Das bürgerliche Lachen konstituierte sich zwar in bewusster Abgrenzung zum höfischen Gelächter, setzte aber die Entwicklung einer „Verhöflichung des Lachens“ schließlich weiter fort.
Eckart Schörle
Die Verhöflichung des Lachens
Lachgeschichte im 18. Jahrhundert
Kulturen des Komischen, Bd. 4
2007
ISBN 978-3-89528-618-6
418 Seiten, mit 12 Abbildungen
kartoniert
Eckart Schörle, Jg. 1971, studierte Geschichte, Politik und Philosophie in Gießen und Göttingen. 2005 promovierte er an der Universität Erfurt über die „Verhöflichung des Lachens“. Zurzeit arbeitet er als Lektor in Erfurt.
Leseprobe: 9783895286186.pdf
[...] [D]iese [...] Arbeit [verdeutlicht] nicht nur in ihren unmittelbar dem Lachen im Theater gewidmeten Passagen, daß das Lachen als semiotisches und interaktives Geschehen, als eine mehr oder weniger sinnhafte Körperäußerung vor Publikum eine theatralische Angelegenheit ist. Zur interdisziplinären Erforschung des Lachens, an der nach Philosophen und Medizinern dann Biologen und Psychologen, Literaturwissenschaftler und Linguisten partizipiert haben, kann neben den anthropologisch ausgerichteten Historikern gerade die Theaterwissenschaft Erhebliches beitragen. Nicht nur die Geschichte der Komödie und des Lachtheaters im engeren Sinne stehen hier zur Debatte. Nahezu jede Szene des Lachens, von der Antike bis zum Alltag, läßt sich als theatralisches Spektakel, als eine Aufführung vor Publikum explizieren.
Jo Jonas in „www.theaterforschung.de“
(Vollständig nachzulesen unter: http://www.theaterforschung.de/rezension.php4?ID=380)
[...] Mit ihrem Nachweis, daß erstens auch aus dem höfischen Milieu heraus eine verhöflichende Normierung des Lachens erfolgte und zweitens die von bürgerlichen Kreisen intendierte kontrollierende Verhöflichung nicht als eine Lachfeindschaft als solche angesehen werden kann, hat diese informative, lesenswerte und sehr gründliche Arbeit Ergebnisse vorgelegt, mit denen sich die zukünftige Forschung auseinandersetzen muß. [...]
Olaf Briese in „Jahrbuch Forum Vormärz Forschung 2007“
Die Annahme, Eckart Schörle habe sich in seiner Dissertation eines unbedenklichen, womöglich heiteren Gegenstandes angenommen, erweist sich schon bei der Betrachtung des Titelbildes als fragwürdig. Zu sehen sind drei Schädel, die mit bloßen Zähnen und aufgeklapptem Kiefer den Anschein des Lachens erwecken. Doch Vorsicht ist angebracht. Rein physiognomische Erkennungsmerkmale des Lachens sind auch bei Lebenden mitunter trügerisch. Ob die drei lachen und ob wir einstimmen sollten, ob sie unserem übermäßigen Gelächter als memento entgegentreten oder ob wir den dauergrinsenden Tod im Makabren überwältigen, hängt (auch) von den Deutungen ab, die uns im Umgang mit dem Lachen zur Verfügung stehen. Es sind die Wandelbarkeit und die Bandbreite des Lachens, denen die Studie für das 18. Jahrhundert nachgeht. [...] Schörles Studie regt zum Weiterfragen an.
Bettina Brand in „IASLonline“ (Juni 2008)
(Vollständig nachzulesen unter: http://www.iaslonline.de/index.php?vorgang_id=2742)
[…] eine[] historische[] Arbeit […], die mittels extensiver und präziser Quellenanalysen eine breite Materialbasis durchforstet, sie überzeugend ordnet und in ihrer „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ (Koselleck) aufzeigt. Insgesamt bietet Schörles umfangreiche Dissertation ein solide recherchiertes, gut lesbares, im Übrigen auch zuverlässig lektoriertes, informatives Buch.
Rainer Godel in „Monatshefte für deutschsprachige Literatur und Kultur“ (101/1, 2009)
[...] Schörle beschreibt [...] keineswegs einen einseitigen Prozeß wachsender Domestizierung und Kontrolle eines körperlichen Affekts als Verlustgeschichte, sondern politische, soziale und kulturelle Prozesse der Einhegung des Lachens als die Geschichte seiner "Verschiebungen und Transformationen" (S. 376). Das Modell des Zivilisationsprozesses als Geschichte einer Domestizierung der menschlichen Natur erfährt durch die plausible Darstellung eine entscheidende Differenzierung, wird aber keinesfalls widerlegt.
Jan-Friedrich Mißfelder in „Historische Zeitschrift“ (289/2009)
Schörle’s extensive work with primary sources and his knowledge of the literature in the field are very sound. His analyses are well-founded and insightful, and their presentation is essentially free of sociological jargon and merely edifying encyclopaedic palaver.
Christian F. Hempelmann in „HUMOR. International Journal of Humor Research“ (Vol 25, 2012)
Kulturen des Komischen, Bd. 4