Psychotherapie ist „Kulturarbeit“ (S. Freud). Diese bedeutende Erkenntnis wird von den AutorInnen des vorliegenden Bandes in neuer Weise konkretisiert. Auf der Basis von vierzig Jahren internationaler Erfahrung in Psychotherapie, Supervision und Kulturarbeit untersuchen sie von PsychotherapeutInnen vernachlässigte Themen wie Ideologie, Mythen, Macht und gesellschaftliche Phänomene wie Flucht ins Magische, Gewalttendenzen, Fundamentalismus usw. Sie konfrontieren dysfunktionale Mythen und Praktiken in der Psychotherapie selbst: Triebtheorie, obskure Archetypen, inneres Kind, Familiengeheimnisse, Aufstellungen usw., die Selbstwirksamkeit, Gesundung, freies Denken behindern und Expertenmacht zementieren (M. Foucault). Das macht Alternativen moderner, allgemeiner Psychotherapie der „Dritten Welle“ und einer „Integrativen Humantherapie“ notwendig! Die AutorInnen leisten dazu innovative, behandlungsmethodische Beiträge. Mit ihrem originellen, macht- und mythentheoretischen Ansatz liefern sie überdies beeindruckende Analysen zu kollektiver Mythenbildung: im „Dritten Reich“, Stalinismus und – höchst aktuell und brisant – in der aktuellen „Neonazi-Szene“ und ihrer rechtsradikal ausgerichteten Rock- und Black-Metal-Subkultur. Ziel solcher Kulturarbeit: Man muss dem „Schlaf der Vernunft“ (F. Goya) eine kritische Wächterfunktion entgegenstellen.
„Für alle, die mit Menschen psychotherapeutisch und pädagogisch aus geschichtsbewusster Achtsamkeit arbeiten, ein höchst inspirierendes, ja unverzichtbares Buch.“
Prof. Dr. Erika Horn, Graz
Ilse Orth / Hilarion G. Petzold / Johanna Sieper
Mythen, Macht und Psychotherapie
Therapie als praxiskritische Kulturarbeit
AISTHESIS psyche
2014
ISBN 978-3-89528-976-7
842 Seiten
kartoniert
Prof. Dr. mult. Hilarion G. Petzold, Dipl. Sup. Ilse Orth, MSc., Prof. Dr. phil. Johanna Sieper sind BegründerInnen der Integrativen Therapie und Supervision, bekannt durch zahlreiche Buchveröffentlichungen und therapiemethodische Innovationen. Sie leiten die Europäische Akademie für biopsychosoziale Gesundheit in Hückeswagen am Beversee.
Leseprobe: 9783895289767.pdf
Es ist ein gewaltiges Werk, das H.G. Petzold – in einer intellektuellen Lebensgemeinschaft verbunden mit Ilse Orth und Johanna Sieper, die auch als Herausgeber wirken – vorgelegt hat. […] Man könnte das Werk auch als Großsammelplatz für kritische Anregungen verstehen […]. [Petzold hat] sein eigenes Konzept einer integrativen Therapie entwickelt, in das er alle seine Erkenntnisse zu integrieren versucht. Das Credo dazu lässt sich zusammenfassen und ist zugleich kompatibel mit anderen Ansätzen zur Überwindung der schulorientierten Psychotherapie sensu Grawe, Orlinsky, Egger u.a.: „Erarbeite therapeutische Konzepte und Methoden so, dass sie an die Grundlagenwissenschaften (z.B. Psychologie, Neurobiologie, Medizin) und die Ergebnisse der (vergleichenden) Psychotherapieforschung anschlussfähig sind und durch neue Forschung überprüft werden können […]“
Univ.-Prof. Dr. Josef W. Egger in „Psychologische Medizin“ (25/2014, Nr. 3)
[...] Kernbotschaft des Buches [...] ist die Aussage, dass Psychotherapie mehr ist als Heilbehandlung. Ihr kommt die Aufgabe zu, kritisch die konkreten Lebensbedingungen zu reflektieren, unter denen psychische Störungen auftreten. Neben die selbstkritische Analyse der Mythen, zu denen auch Psychotherapie neigt, gehört die Reflexion des Themas Macht. Die Autoren entwerfen das Konzept einer Therapie, die sich konsequent als Kulturkritik versteht [...] das Buch ist wichtig für alle psychotherapeutisch Tätigen [...] Sie werden [... darin] auf eine Fülle interessanter Argumentationen und spannender Erkenntnisse stoßen.
Arist von Schlippe in „Psychologie Heute“, 42. Jahrgang, Heft 2, Februar 2015, S. 89
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