Der Titel ist vergriffen!
Schreibende Frauen? Warum schreibende Frauen? Autorinnen gibt es in den 1920er Jahren zuhauf. Erika Mann, Ricarda Huch, Else Lasker-Schüler, Anna Seghers, Irmgard Keun, Marieluise Fleißer, Vicki Baum, Annemarie Schwarzenbach, Joe Lederer – die Liste, einmal begonnen, scheint nicht mehr enden zu wollen. Und doch ist das frühe 20. Jahrhundert für die Durchsetzung von Autorinnen eine der wichtigsten Umbruchzeiten. Das ist an der zunehmenden Zahl von Autorinnen ebenso zu sehen wie an den Debatten zur Veränderung der Geschlechterrollen in den 1920er Jahren. Mit debattiert wurden dabei die Bedingungen, unter denen Frauen als Autorinnen tätig werden konnten. Mit debattiert wurde auch, was Frauen und Männer eigentlich ausmacht, ohne dass es zu einem abschließenden Ergebnis kam. Der Nationalsozialismus machte dann den Debatten ein Ende (das war ja auch sein Hauptziel, das ständige Gerede durch das Führerwort zu ersetzen), aber der beruflichen Durchsetzung von Frauen konnte und wollte er wohl keinen Riegel vorschieben.
Zugleich wurden Frauen mit einer Selbstverständlichkeit Autorinnen, mit der sie auch zu studieren begannen, Auto fuhren und einen Beruf ergriffen. Auch wenn die Schranken (gewählt und verordnet), in die Frauen verwiesen werden konnten, noch lange bestehen blieben, wurde ihre Überschreitung bereits in den 1920er Jahren Dem wollen wir einige neue Aspekte hinzufügen, neue Texte, neue Autorinnen, Autorinnen, die bislang nicht bekannt waren oder denen wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde.
Das JUNI Magazin wollte beides, sich mit jenen Autorinnen beschäftigen, die im Moment größere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und mit jenen, die immer noch oder schon wieder vernachlässigt werden. Denn das literarische und soziale Feld um die Neue Frau der zwanziger Jahre ist sehr dynamisch, sehr lebendig und ungemein vielfältig. Die literarischen Konzepte und Texte, die in dieser Zeit entstanden, stehen im Mittelpunkt unseres Interesses.
JUNI
Magazin für Literatur und Kultur
Heft 45/46:
Schreibende Frauen
Ein Schaubild im frühen 20. Jahrhundert
Featuring: Canetti, Dumont, von Etzdorf, Fleißer, Gnauck-Kühne, Holzer, Kaus, Keun, Kollontai, Landshoff-Yorck, Lederer, Leitner, Lion, Mann, Pol, von Reznicek, Rühle-Gerstel, Schwarzenbach, Smedley, Zur Mühlen
Herausgegeben von Gregor Ackermann und Walter Delabar
2011
ISBN 978-3-89528-857-9
ISSN 0931-2854,
362 Seiten
kartoniert
Im Abonnement EUR 25,-
Leseprobe: 9783895288579.pdf
[...] Natürlich mussten sich Schriftstellerinnen auch den realen Schreibort erobern bzw. durch Umdefinition des Küchentisches ertrotzen, vor allem aber mussten sie den gesellschaftlichen Ort, von dem aus literarisches Sprechen möglich ist, genauso erkämpfen wie den Zugang zum Schreibgerät. In der Literatur und im Mythos gibt es eine lange Tradition alternativer Beschreibstoffe und Ausdrucksformen, mit denen Frauen gegen das aufgezwungene Verstummen ankämpfen. Arachne blieb nach dem Verlust der Sprache nur der Rückgriff auf ihre Webkünste, um ihre Geschichten weiter zu erzählen. Noch in Marlen Haushofers Roman Die Wand (1963) muss eine Umweltkatastrophe beinahe die ganze Welt vernichten, damit die Erzählerin, allein und isoliert zurückgeblieben, den Stift zu fassen bekommt.
Viele der Beitrage im neuen Themenheft der Zeitschrift "Juni" reflektieren genau diese komplexen Zusammenhänge und es ist erfreulich, dass dabei neben Beiträgen zu Erika Mann, Marieluise Fleißer, Ruth Landshoff-Yorck, Irmgard Keun oder Annemarie Schwarzenbach – ihr sind gleich drei Beiträge gewidmet – auch eine Reihe österreichischer Autorinnen behandelt werden, wie Veza Canetti, Joe Lederer oder Maria Leitner. Verdienstvoll ist der Beitrag von Anne Martina Emonts zur radikal vergessenen österreichischen Journalistin und Autorin Marie Holzer (1874-1924), samt einer ersten umfangreichen Bibliographie ihrer verstreut erschienenen Feuilletons. Besonders lesenswert macht den Band, dass auch Primärtexte der behandelten Autorinnen aufgenommen wurden, ergänzt von zeitgenössischen Beiträgen zur neuen Frau, auch in der Literatur, von Alice Rühle-Gerstel und Gina Kaus.
(red) in "literaturhaus.at" (10.10.2011)
Hier die vollständige Rezension: http://www.literaturhaus.at/index.php?id=9205
Die Doppelnummer 45/46 des von Gregor Ackermann und Walter Delabar herausgegebenen „Juni-Magazins für Literatur und Kultur“ hat „schreibende Frauen“ zum Thema gewählt, genauer gesagt: deutschsprachige Autorinnen des „frühen 20. Jahrhunderts“, bei dem es sich um „eine der wichtigsten Umbruchzeiten“ für die „Durchsetzung von Autorinnen“ handelt, wie Ackermann und Delabar im Editorial betonen. Neben teils auszugsweisen Reprints etlicher Texte der Schriftstellerinnen selbst bietet der Band Originalbeiträge von LiteraturwissenschaftlerInnen, die sich mit den Literatinnen und ihren Werken befassen. [–]
Rolf Löchel in „IASLonline“ (Januar 2012)
Hier der komplette Text: http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=16240
[…] Die vorliegende JUNI-Ausgabe […] ist weniger auf Analyse denn auf Sammlung ausgerichtet. Sie stellt neben Reprints von Feuilleton- und Zeitschriftenbeiträgen, Reportagen, Briefen und Erzählungen nicht zuletzt mit Bibliografien zum Werk Marie Holzers, Veza Canettis und Ruth Landshoff-Yorcks […] die Ergebnisse verdienstvoller Grundlagenarbeit bereit. […]
Janet Boatin in „Zeitschrift für Germanistik“ (3/2012)
JUNI. Magazin für Literatur und Kultur Heft 45/46
Improvisationen in mehr als zwei Bildern - JUNI. Magazin für Literatur und Kultur. Heft 49/50
34,00 €
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