vergriffen!
Diese Arbeit untersucht autobiographische Romane, für deren Poetologie die Katastrophe der Shoah konstitutiv ist. Alle analysierten Schreibprojekte fokussieren den ästhetischen Fiktionalitätscharakter des Schreibens und setzen sich so binnenliterarisch von literarischen Verfahren ab, die durch ihre Rhetorik Effekte von Authentizität zu erzeugen suchen. Die komplexen Strategien autobiographischen Schreibens bei Danilo Kiš, Georges Perec, Raymond Federman, Hanna Krall sowie Georges-Arthur Goldschmidt reichen von postmoderner poetologischer Reflexion bis hin zu Versuchen fragmentierten historischen Erzählens. In genauen Lektüren wird aufgezeigt, dass die autobiographischen Schreibprojekte Erinnerungsarbeit in einer Reflexion sprachlicher Ausdrucksformen prozessieren. Die Voraussetzung einer Lebensgeschichte, die sich der erinnernden Vergegenwärtigung entzieht, wird zum Einsatzpunkt des autobiographischen Schreibens, wobei der Erfindung eine konstitutive Rolle in der Textproduktion zugeschrieben wird. In den Analysen dieses Buches wird herausgearbeitet, wie die Bedingungen autobiographischen Schreibens mit der Erinnerungsproblematik und der kollektiven Erfahrung der Verfolgung und Vernichtung korreliert sind; zentral ist dabei auch die Frage, welche Rolle die einzelnen AutorInnen dem ‚Judesein‘ und der Erfahrung des Antisemitismus in ihren Texten zuweisen.
Susanne Düwell
„Fiktion aus dem Wirklichen“
Strategien autobiographischen Erzählens im Kontext der Shoah
2004
ISBN 978-3-89528-437-3
248 Seiten
kartoniert
Susanne Düwell studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Bonn und Berlin. Von 1997 bis 2002 wissenschaftliche Hilfskraft bzw. Mitarbeiterin an der Universität Bonn und Lehrbeauftragte an der Universität Koblenz-Landau. Promotion in Bonn 2003. Zur Zeit Stipendiatin der Minerva-Stiftung. Arbeitsschwerpunkte sind deutschsprachige Gegenwartsliteratur und Holocaust-Literatur.
[...] Theoretisch zeigt sich Düwell bestens mit der Forschungsliteratur über (jüdisches) autobiographisches Schreiben vertraut. [...] In ihren Textanalysen, deren Ergebnisse im Schlussteil kurz zusammengefasst werden, bietet Düwell eine reiche Übersicht über die nicht mehr naiven, „trotzigen“ Schreibverfahren in der neueren Literatur zur Shoah, welche die eigene Medialität markiert und ihre Voraussetzungen mitreflektiert. [...]
Elke Gilson in „German Quarterly Book Reviews“ (Fall 2006)