Die Einsicht in die artifizielle Komposition von E.T.A. Hoffmanns Roman »Lebens-Ansichten des Katers Murr« wird in dieser Studie erstmals mit einer differenzierten Textanalyse verknüpft. Die Orientierung an der Arabeskenstruktur ermöglicht so eine detaillierte Rekonstruktion des strukturellen Zusammenspiels der selbstreflexiven Textfragmente. In seiner Doppelstruktur erscheint das Romangebilde als Allegorie des Lesens und Schreibens, als Löschen und Unterlage.
Die hochkomplexe Dialogstruktur des ersten Makulaturblatts, das den Anfang und das verschobene Ende des Romans markiert, stellt den »Quellpunkt« des akanthusartigen Rapports des Textes dar und ist auf diese Weise der Schlüssel für das Verständnis einer unumgänglichen Verbindung von formaler Konstruktion und inhaltlicher Gestaltung des Romans.
Die Studie führt frühromantische poetologische Forderungen, arabeske Traditionen und die für E.T.A. Hoffmann relevante Poetik des Blicks zusammen. Nachgewiesen wird, daß im »Kater Murr« die von Friedrich Schlegel immer wieder postulierte »künstlich geordnete Verwirrung« literarische Gestalt annimmt; dabei sind Begriff und Tradition der Arabeske in der bildenden Kunst das Modell für die Lektüre des Romans.
Bettina Schäfer
Ohne Anfang - ohne Ende
Arabeske Darstellungsformen in E.T.A. Hoffmanns Roman »Lebens-Ansichten des Katers Murr«
2000
235 Seiten
kartoniert
ISBN 3-89528-296-0
Bettina Schäfer, geboren 1961, studierte in Bonn und Münster Germanistik, Kunstgeschichte und Pädagogik. Nach Tätigkeiten als Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Dozentin für Deutsch als Fremdsprache und Lektorin arbeitet sie als Malerin. Ihr Interesse gilt vor allem der Strukturanalyse von Wechselwirkungen zwischen Literatur und Kunst.
[...] Bettina Schäfers Arbeit [liefert] eine stringente Neulektüre des „Kater Murr“, die sich an einer wichtigen konstruktiven Figur entwickelt. Die neuere Hoffmann-Forschung erhält damit einen Beitrag, der sie vielleicht nicht so sehr innovativ bereichert, sie aber in ihren Errungenschaften der letzten Jahre bestätigt und bekräftigt. Einmal mehr wird hier deutlich, warum die Romane und Erzählungen E.T.A. Hoffmanns für eine theoretisch versierte Lektüre romantischer Prosa einen so herausragenden Stellenwert beanspruchen können.
Stefan Willer im „E.T.A. Hoffmann-Jahrbuch“ 2002