Behravesh, Monika: Migration und Erinnerung in der deutschsprachigen interkulturellen Literatur
Artikel-Nr.: 978-3-8498-1169-3Wie erinnern wir die Migration nach Deutschland? Wie erinnern die Texte der interkulturellen Literatur die Migration nach Deutschland?
Die vorliegende Studie kontextualisiert ausgewählte Romane von AutorInnen der sog. ‚zweiten Generation‘ in der gegenwärtigen Erinnerungskultur und untersucht das Wirkungspotenzial sowie die Rezeption der Migrationsnarrative. Dabei verdeutlicht sie die Diskrepanz zwischen der offiziellen Erinnerungskultur und dem kollektiven Gedächtnis, die auch die Rezeption der Texte prägt, und diskutiert die Alternativen der Erinnerungskultur im Einwanderungsland.
Monika Behravesh
Migration und Erinnerung in der deutschsprachigen interkulturellen Literatur
Figurationen des Anderen Band 4
2016
ISBN 978-3-8498-1169-3
328 Seiten
Klappbroschur
- Einleitung
- 1.1. Einführung in das Thema
- 1.2. Fragestellung
- 1.3. Forschungsstand
- 1.4. Aufbau der Arbeit
- I. Theoretischer Teil
- 1. ‚ Identität‘
- 1.1. Vagabunden und Touristen – das Identitätskonzept der Postmoderne
- 1.2. ‚ Kollektive Identität‘ vs. Mehrfachzugehörigkeit
- 1.3. ‚ Identität‘ und Sprache: psycholinguistische Zugänge
- 1.4. ‚ Identität‘ im Migrationskontext – Fazit
- 2. Zugehörigkeit durch Erinnern: Zu den Verschränkungen zwischen den individuellen Erinnerungen und der „Kultur als Gedächtnisphänomen“
- 2.1. Das autobiografische Gedächtnis
- 2.2. Kulturwissenschaftliche Gedächtnistheorien
- 2.2.1. Die Sozialität des Erinnerns – das kollektive Gedächtnis bei Maurice Halbwachs
- 2.2.2. Pierre Noras „Lieux de mémoire“
- 2.2.3. Das kommunikative und das kulturelle Gedächtnis bei Jan und Aleida Assmann
- 2.2.4. Kollektives Gedächtnis und Migration – Exklusion oder Inklusion?
- 2.2.5. Kollektives Gedächtnis im Fokus transdisziplinärer Forschung: Integrative Modelle und weitere theoretische Ansätze
- 2.2.6. Kollektives Gedächtnis – Begriffsklärung
- 2.3. Migration erinnern – Medien und Formen des kollektiven Erinnerns an die Migration in der bundesdeutschen Erinnerungskultur
- 2.4. Autobiografische Erinnerungen und das kollektive Gedächtnis aus der Perspektive der Migration – Fazit
- 3. Literatur als Medium des kollektiven Gedächtnisses: „kulturelle Texte“ und „kollektive Texte“
- 3.1. Literatur im Spiegel der zentralen kulturwissenschaftlichen Gedächtnistheorien: Aleida Assmanns Konzeption von „kulturellen Texten“
- 3.2. Literatur als ‚ Vernetzungswerk‘ – (Erinnerungs-) Kulturwissenschaftliche Prämissen mit Fokus auf Literatur
- 3.3. „Kollektive Texte“ – zum gedächtniskonstituierenden Potential literarischer Texte als Zirkulationsmedien des kollektiven Gedächtnisses
- 3.4. Literatur als Medium des kollektiven Gedächtnisses: Zusammenfassung
- 4. Migration und Erinnerung in der interkulturellen Literatur - methodisches Vorgehen
- 4.1. Mehrfachzugehörigkeit, kollektives Gedächtnis und Erinnerungen im Spannungsfeld der Migration – Eine Annäherung an die interkulturelle Literatur
- 4.2. Rhetorik des kollektiven Gedächtnisses und der Zugehörigkeit
- 4.2.1. Die erzählerische Vermittlung
- 4.2.2. Die erzählte Geschichte
- 4.2.3. Figurendarstellung
- 4.2.4. Raum- und Zeitdarstellung
- 4.2.5. Paratexte
- 4.3. Methodisches Vorgehen – Zusammenfassung
- II. Literaturanalytischer Teil
- 1. Renan Demirkan „Schwarzer Tee mit drei Stück Zucker“ – „Das Protokoll einer Einwanderung und das Porträt einer Generation“
- 1.1. Autobiografisches Schreiben als politisches Engagement: die Verteidigung der migrationsbedingten Mehrfachzugehörigkeit
- 1.2. Matrix kollektiver Erinnerungen – zur erzählerischen Vermittlung
- 1.3. Zugehörigkeitsvorstellungen und -modelle – die Figurenkonstellation
- 1.4. Deutschlandbilder und die „gelbe Luft“ Anatoliens – Raum- und Heimatvorstellungen
- 1.5. Migration und MigrantInnen in Erinnerung: Zeit- und Figurendarstellung
- 1.6. „Schwarzer Tee mit drei Stück Zucker“ – „Protokoll einer Einwanderung“ im Kontext der Erinnerungskultur
- 2. Eleonora Hummel: „Die Fische von Berlin“ – Ein „bewegendes Schicksal von Spätaussiedlern“
- 2.1. „Nicht in Worte gefasste Erinnerungen gehen verloren“ – der Text als Archiv von subversiven Erinnerungen
- 2.2. Inszenierung eines Generationengedächtnisses – zur erzählerischen Vermittlung
- 2.3. Zugehörigkeitsvorstellungen
- 2.4. Migrationsrouten und gruppenspezifisches Kollektivgedächtnis der Russlanddeutschen
- 2.5. „Die Fische von Berlin“ – Zum Wirkungspotenzial des Textes in der Erinnerungskultur
- 3. Marica Bodrožić: „Der Spieler der inneren Stunde“
- 3.1. Ein „Panoptikum der Erinnerung“ einer „Deutschländerin“– Zur Rezeption des Romans
- 3.2. Inszenierung von individuellen Erinnerungen – Zur erzählerischen Vermittlung
- 3.3. Fremdsprachliche Einschübe und Erinnerung
- 3.4. Verklärte Heimatbilder vs. globale Vernetzung: Mystifizierung des dalmatinischen Hinterlandes und Zugehörigkeitsvorstellungen
- 3.5. ‚ Gastarbeiter‘ und interkulturelle Familien
- 3.6. „Der Spieler der inneren Stunde“ im Kontext der Erinnerungskultur
- 4. Schlussbetrachtung: Migration und Erinnerung in den ausgewählten Texten der interkulturellen Literatur
- 4.1. Migration und Erinnerung in den ausgewählten Texten von Renan Demirkan, Eleonora Hummel und Marica Bodrožić – Zum Wirkungspotenzial und zur Rezeption der Texte im Kontext der Erinnerungskultur
- 4.2. Migration und kollektives Gedächtnis: „Crossover“ vs. natio-ethno-kulturelles Narrativ
- 4.3. Fiktion oder Autofiktion: Zur Funktion von Autobiografemen und Sprachlatenz bei der Einschreibung von migrationsbedingten Erinnerungen in das Kollektivgedächtnis
- Literaturverzeichnis
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
- Internetquellen
- Danksagung
Monika Behravesh studierte Germanistik und Kunstwissenschaft an der Universität Kassel. Sie war u.a. als DAAD Sprachassistentin an der Universität Lodz sowie in der Erwachsenenbildung tätig. Seit 2010 ist sie regelmäßig Lehrbeauftragte an der Universität Kassel am Fachgebiet DaF/Z. Forschungsschwerpunkte: Interkulturelle Literatur, Erinnerungskultur, interkulturelles Lernen.
Leseprobe: 9783849811693.pdf
Wichtig für die präzisen Analysen im letzten Drittel ist das Deutungsmuster der »Zirkulation«, das die Literatur als Medium sprachlicher, historischer, genealogischer und soziokultureller Zugehörigkeiten versteht. [...] Eines der triftigsten Ergebnisse der Analyseist, dass die kroatischen und türkischen ›Ursprungserzählungen‹ der Migration bei Bodrožić und bei Demirkan – ganz anders als das russischdeutsche Familiennarrativ bei Hummel – noch nicht im kollektiven Fundus der deutschen Erinnerungskultur angekommen sind. Diese Diskrepanz zwischen Arbeitsmigration und Integrationsbiographie, literarischer Alteritätserfahrung und minoritärer (Selbst-)Wahrnehmung ist im transnationalen Rahmen der europäischen Gedächtniskultur auffällig und bedarf auf jeden Fall weiterer Untersuchungen.
Michael Braun in „Germanistik“ (2017, Band 58, Heft 3-4)
[...] Zusammenfassend kann man die Arbeit vor allem in Hinblick auf ihre Konfrontation von literarischen Erinnerungen der Migration mit der offiziellen Erinnerungskultur als gewinnbringend für die Forschung bezeichnen. Denn insbesondere die autobiografisch lesbaren Texte werden in der Regel nur in Bezug auf die individuelle Perspektive erforscht. Ihr kollektiver Aspekt wird hingegen weitgehend ignoriert. [...]
Martina Kofer in „Peter-Weiss-Jahrbuch“ (27, 2018)
Figurationen des Anderen Band 4
