Vergewaltigung ist als zentrales Thema der Literatur äußerst selten zu finden und wird zumeist in Zusammenhang mit Motiven der Verführung oder hinsichtlich einschlägiger Stoffe betrachtet. Im Fokus der Untersuchung sollen deswegen als sogenannte ‚Vergewaltigungsnarrationen‘ jene Erzählungen des 20. Jahrhunderts stehen, die den Akt sexualisierter Gewalt als zentrales Ereignis der Handlung setzen. Abseits der Konventionen operieren diese Darstellungen mit Verfahren, die, wie die erzähltheoretische Betrachtung zeigt, die Grenzüberschreitung durch die kunstvolle Verschränkung von Stimmen und Räumen deutlich machen. Dieses subversive Potenzial wird in Texten von Libuše Moníková, Stefan Schütz, Inka Parei und Karen Duve herausgearbeitet und nicht nur zu literarischen Traditionen in Beziehung gesetzt, sondern auch zu gesellschaftlich vorherrschenden Diskursen zu Vergewaltigung.
Urania Milevski
Stimmen und Räume der Gewalt
Erzählen von Vergewaltigung in der deutschen Gegenwartsliteratur
Figurationen des Anderen Band 5
2016
ISBN 978-3-8498-1159-4
311 Seiten
Klappbroschur
Urania Milevski, Dr. phil., hat an der Technischen Universität Darmstadt Germanistik, Soziologie und Politikwissenschaften studiert und mit einer Arbeit über feministische Stimmkonzepte abgeschlossen. Sie wurde mit der vorliegenden Arbeit promoviert, die zu großen Teilen im interdisziplinären DFG-Graduiertenkolleg „Dynamiken von Raum und Geschlecht“ der Universität Kassel und der Georg-August-Universität Göttingen entstanden ist. Ihre Forschungsschwerpunkte sind, neben Gewalt und Geschlecht in Erzählungen des 20. und 21. Jahrhunderts, serielles Erzählen in Literatur und Film sowie Literatur- und Kulturtheorie.
[...] Milevski's close readings are excellent. [...] Readers interested in contemporary German literature will find Milevski's analyses to be interesting and useful.
Alexandra M. Hill in „Gegenwartsliteratur“ (2017)
U. Milevski untersucht in ihrer Arbeit [...] vier Romane – Libuše Moníková, Eine Schädigung (1981); Stefan Schütz, Schnitters Mall (1994); Inka Parei, Die Schattenboxerin (1999); Karen Duve, Regenroman (1999) – in denen Unterwerfungsfantasien seitens der Täter und Täterinnen als Motive für ihre sexualisierte Gewalt dargestellt werden. [...] Durch Milevskis Fokalisierung eröffnet sich dem Leser eine neue Perspektive auf die verzerrte und sich neu formierende Identität der Leidtragenden, wobei der Leser u. a. ihre veränderte Körperwahrnehmung nachempfinden kann. Milevski leistet durch ihren spezifischen Blickwinkel einen neuen und wichtigen Beitrag für die deutschsprachige Entschlüsselung von Vergewaltigungsnarrationen, die in Zukunft verstärkt auch auf unkonventionellere – nicht nur vornehmlich auf heteronormative – Opfer- und Täterkonstellationen eingehen sollte.
Anja Wieden in „Germanistik“ (2020, Heft 1-2)
Figurationen des Anderen Band 5
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