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Emerentia Catharina Amalia Sophia Weise, so ihr voller Taufname, Tochter von Friedrich Wilhelm Weise (Mai 1769 – 18. Juni 1798) und Engel Catharina Weise geb. Hammer (26. Juli 1768 – 17. Juli 1843), wurde 1791 in Burg auf Fehmarn geboren, war also von Geburt Einwohnerin Dänemarks, das zu jener Zeit eines der aufgeklärtesten und bestregierten Länder Europas war und erst durch die zweimalige Bombardierung Kopenhagens durch die Briten (1801 und 1807) und durch die für eine Seefahrernation verheerende Eingliederung in Napoleons Kontinentalsperren-System ruiniert wurde. Durch ihren Stiefvater, den wohlhabenden Kaufmann Johann Nicolaus Burmester, den die Mutter 1803 heiratete, wurde sie Großbürgerin der (damals noch wirklich freien) Reichs- und Hansestadt Hamburg, eine soziale Stellung, deren Privilegien sie in späteren Jahren durchaus zu schätzen wußte. Ihr Vater war Arzt, die Angehörigen ihrer Mutter Geistliche, Juristen, hohe Verwaltungsbeamte oder Wissenschaftler, und durch ihren Stiefvater hatte sie Zugang zu den besten gesellschaftlichen Kreisen Hamburgs. In diesem Millieu eines gehobenen, weltoffenen Bürgertums und in einem historischen Moment, da das aufgeklärte Zeitalter seinen Höhepunkt erreichte, war es möglich, daß sie eine derart sorgfältige und umfassende Ausbildung erhielt, wie es für ein Mädchen zuvor nie denkbar gewesen war und danach erst im 20. Jahrhundert wieder möglich sein sollte. Das 18. Jahrhundert hat die ersten studierten Frauen gekannt, und auch Amalia hätte dieser Weg offen gestanden. Bezeichnenderweise war sie selbst es, die vor dem wahrhaft revolutionären Plan ihres Stiefvaters, sie Medizin studieren zu lassen, zurückschreckte. Dieser Widerspruch zwischen einer für eine Frau des 19. Jahrhunderts außergewöhnlich unabhängigen Existenz und der Angst, die „Grenzen des Weiblichen“ zu überschreiten, zwischen der scharfsichtigen Erkenntnis dieser Grenzen und der Unfähigkeit sie zu überwinden, zwischen Wollen und Nichtkönnen einerseits und Können und Nichtwollen andererseits ist prägend für ihr ganzes Leben und ein roter Faden, der sich durch viele ihrer Briefe zieht. Sie verabscheut Louise Aston, die zigarrerauchend in Männerkleidern in Hamburg auftritt und bewundert George Sand, die in Paris dasselbe tut. Noch in der Revolution von 1848 polemisiert sie gegen die „emancipirten Weiber“ – und ist doch selber eines!
Amalia Schoppe
„…das wunderbarste Wesen, so ich je sah“
Eine Schriftstellerin des Biedermeier (1791-1858) in Briefen und Schriften
Herausgegeben von Hargen Thomsen
2008
ISBN 978-3-89528-687-2
720 Seiten
24 Abbildungen
gebunden
Leseprobe: 9783895286872.pdf
[…], so ist es doch gerade Hargen Thomsen gelungen, zur Beurteilung Amalie Schoppes überzeugend beizutragen. Durch die Mitteilung der Briefe und Schriften autobiographischen und journalistischen Charakters sowie durch prägnante Hinführungen zu diesen Texten gelang es ihm, Knotenpunkte ihrer Entwicklung, Transformationsprozesse, reale Vorgänge, Erlebnisse und Gefühle, kurz ihre Beziehungen zur Umwelt, zu sich selbst, zu anderen namhaften und weniger namhaften Zeitgenossen und dem politischen Geschehen in einen ganz neuen Status der Vergegenwärtigung zu bringen. Die sorgfältige und auch optisch ansprechend dargebotene Edition leistet weit mehr, als das Andenken Amalia Schoppes literarhistorisch zu erhalten. Weit mehr als nur eine Fleißarbeit bietend, resultiert sie nicht aus modischem Soziologismus. Sich haltend an eine Methode der Beobachtung, Vergleichung und sorgfältiger Nachzeichnung, die sich psychologischer Spekulation entschlägt, vermag Thomsen Fragen zu stellen, in denen er auf die Epoche beziehbare Entwicklungszusammenhänge erblickt […]. Die Edition macht beeindruckend kenntlich, dass das in jüngerer Zeit von einem postmodernen Ansatz aus als abgelebt in Verruf geratene 19. Jahrhundert deutlicher ins Bewusstsein gehoben werden sollte. Neuere Forschungen lassen Problemschichtungen und Interessenfelder deutlich werden. Insofern ist Thomsens Edition ein nützlicher Schritt für die weitere Arbeit. […] Bei einer außerhalb von Universitäten und wissenschaftlichen Institutionen als private Initiative verfolgten Edition blieb es schwierig, Zeitschriften, in denen Amalie Beiträgerin war, in allen deutschen und europäischen Bibliotheken durchzusehen. Dennoch ist die unternommene Bibliographie der Werke die bisher vollständigste und das Quellenangebot mit einem ausgezeichneten bibliographischen Apparat versehen. […]
Andrea Rudolph in „Hebbel-Jahrbuch 2009“
[…] Dieser Band stellt zweifelsohne den entscheidenden Meilenstein für die längst überfällige wissenschaftliche Beschäftigung mit dieser eigenständigen Frau und Autorin und ihrem umfangreichen und erst noch differenziert zu gewichtenden Werk dar. Die Leistung des Herausgebers unter den genannten Voraussetzungen ist hier nicht hoch genug einzuschätzen. […]
Magdalena Heuser in „Zeitschrift für Germanistik“ (XIX – 3/2009)
[…The book] is a useful volume that presents over 250 annotated letters written by A. S. between 1810 and 1853. S.’s status as a popular writer of fiction and journalism, her immigration to the United States make her an interesting figure and important eyewitness to important social, cultural and political development during the Vormärz period. S.’s correspondents include Justinus Kerner, Karl August Varnhagen von Ense, Helmina von Chézy, Friedrich Hebbel and Ludmilla Assing. The letters provide not only a valuable insight into 19th-c. epistolary culture, but also into the professionalization of writers, social networking and German immigrant perceptions of U.S. culture and society. The appendix provides short biographical texts on the correspondents and an extensive bibliography.
Anja Peters in „The Year’s Work in Modern Language Studies“ (70/2008)
In kulturhistorischer Hinsicht stellen die Brief e eine wahre Fundgrube dar. Sie gewähren Einblicke in das Alltagsleben einer alleinstehenden Frau und ihre ökonomischen Verhältnisse, erzählen von Freundschaften und Reisen, beleuchten den Literaturbetrieb und den gesellschaftlichen Wandel in der Epoche des Vormärz – und obendrein sind sie über weite Strecken sehr vergnüglich zu lesen.
Ulrich Kittstein in „Germanistik“ 50 (2009), Heft 1-2
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