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War das Revolutionsjahr 1848 ein Wendepunkt in der Kulturgeschichte Deutschlands und Europas – oder war es das nicht? Im vorliegenden Band, dem ersten von zweien, die aus einem internationalen Forschungsprojekt resultieren, wird eine Vielzahl spezifischer Manifestationen des literarischen und kulturellen Lebens der nachrevolutionären (‚nachmärzlichen‘) Zeit – vornehmlich in den deutschsprachigen Ländern, aber auch in Großbritannien und in Frankreich – untersucht. Die Studien zeigen auf, wo Kontinuitäten bewahrt wurden, wo sich soziale, intellektuelle und ästhetische Konventionen und Erwartungen graduell bzw. abrupt wandelten und in welchem Maße etwaige Veränderungen die Konsequenz des Revolutionserlebnisses waren. Die Ergebnisse zeigen ein komplexes Bild: gravierende Zäsuren im persönlichen Lebensweg vieler Schriftsteller und Intellektueller; eine mit der Revolution verbundene tiefgreifende Veränderung des geistigen Klimas in vielen Bereichen und in verschiedenen Ländern (auch in solchen, die keine eigentliche Revolution erlebt hatten); bedeutende neue Ansätze, inner- und außerhalb der Literatur auf die Welt zu reagieren und sie darzustellen, die bewußt oder unbewußt von der Erfahrung und dem Ausgang der Revolution geprägt waren; aber auch die vielen konkreten Beziehungen, in denen die Ereignisse des Jahres 1848 – „the turning-point at which modern history failed to turn“ – bestehende Zustände und Prozesse nicht maßgeblich unterbrachen oder sonstwie beeinflußten. Die Besonderheit bzw. das Paradox des Nachmärz ergibt sich, wie die Beiträge des Bandes zeigen, in vielerlei Hinsicht aus der Kollision zwischen Menschen, die geistig anders geworden waren, und einer Welt, die sich nicht oder nicht genug verwandelt hatte.
Siehe auch Band II
Helmut Koopmann / Michael Perraudin (Hgg.)
Formen der Wirklichkeitserfassung nach 1848
Deutsche Literatur und Kultur vom Nachmärz bis zur Gründerzeit in europäischer Perspektive I
2003
276 Seiten
kartoniert
ISBN 3-89528-302-9
Helmut Koopmann ist Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Augsburg.
Michael Perraudin ist Professor für Germanistik an der Universität Sheffield.
For several years the Aisthesis Verlag has been publishing an outstnding series of Vormärz studies [...]. With this volume (one of two) of papers from conferences in England in 1997 and 1999 a step ist taken into the Nachmärz [...] The issue in part is the literary-historical version of the German Sonderweg. [...] This volume is a symptom of an ongoing, broad-based rewriting of the post-Romantic literary history of Germany in the nineteenth century, which, while acknowledging its particular determinants, is relieveing it of its self-defined pecularities while revealing a vigorous literary life integrated into European and Atlantic cultures. Long overdue, the revaluation is most welcome.
Jeffrey L. Sammons in „Monatshefte“ (Vol 95, No. 3/2003)
Leitete die ältere Forschung die veränderte literarische Wirklichkeitserfassung bzw. -konstruktion um und nach 1848 sozial- und politikgeschichtlich her, so suchen die Initiatoren dieses Bandes die These von einem tatsächlichen historischen Bruch um 1848/50 differenziert zu relativieren und weisen die veränderte Wahrnehmungs-, Darstellungs- und Erklärungsperspektive der Welt in der 2. Hälfte des 19. Jh. nicht nur als Folge, sondern auch als eine mentalitätsgeschichtliche Ursache für die Konstruktion eines solchen Bruches aus. [...] Ein wichtiger Diskussionsbeitrag im größeren Zusammenhang, die vorwiegend aus der älteren Sozialgeschichte stammenden Ordnungsschemata zur Literatur um die Mitte des 19. Jh. auf neuem methodologischem Stand vorsichtig zu revidieren.
Dirk Kemper in „Germanistik“ (Heft 1 / 2, 2004)
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