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Die Implosion des sowjetischen Imperiums und das Ende der globalen Dichotomie haben wesentlich dazu beigetragen, daß seit einiger Zeit die Bedeutung des Raumes für historische Prozesse wiederentdeckt bzw. neu bewertet wird. Reisen gehören von jeher zu den wichtigsten Raumpraktiken, in den europäischen Literaturen nimmt die Gattung des Reisetextes seit der Frühen Neuzeit einen zentralen Platz ein. Dieser Band bietet ein weites Spektrum von Relektüren russischer Reisetexte des 20. Jahrhunderts, das u.a. Werke von V. Rozanov, A. Čechov, M. Cvetaeva, O. Mandel’štam, A. Belyj, V. Šklovskij, I. Ėrenburg, G. Ivanov, M. Gor’kij und A. Platonov umfaßt. Der Titel »Flüchtige Blicke« spielt einerseits auf die historischen Fluchtbewegungen im Gefolge von Weltkrieg und Revolution an und akzentuiert andererseits die ästhetisch-poetologische ›Flüchtigkeit‹ moderner Reisetexte und ihr Assoziations- und Konnotationspotential. Das Schwergewicht des Bandes liegt auf russischen Texten über Reisen innerhalb des sowjetischen Imperiums bzw. an seine Grenzen während der zwanziger und dreißiger Jahre, an einigen Stellen wird dieser Rahmen jedoch erweitert um nichtrussische Texte oder um Reisen russischer Autoren ins westliche Ausland sowie um Reisen des frühen 20. Jahrhunderts bzw. der postsowjetischen Zeit. Anhand einer repräsentativen Auswahl entsteht so ein neues Bild der Gattung und ihrer Evolution innerhalb der russischen Literatur.
Wolfgang Stephan Kissel (Hg.)
unter Mitarbeit von Christine Gölz
Flüchtige Blicke
Relektüren russischer Reisetexte des 20. Jahrhunderts
Reisen Texte Metropolen, Bd. 3
2009
ISBN 978-3-89528-591-2
681 Seiten, 52 z.T. farb. Abb.
gebunden
Wolfgang Stephan Kissel ist Professor für Kulturgeschichte Ost- und Ostmitteleuropas an der Universität Bremen.
Christine Gölz lehrt am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin.
[...] Die Untersuchungen behandeln nicht nur die klassischen Formen des Reiseberichts und der Reisebriefe, sondern öffnen sich auch den neuen Medien wie der Fotografie und dem Film. Durch sie erfährt die visuelle Komponente eine wichtige Erweiterung. [...]
Klaus Steinke in „Informationsmittel für Bibliotheken“ (März 2010)
Die Reihe „Reisen, Texte, Metropolen“, Teil eines an den Universitäten Osnabrück und Bremen angesiedelten Forschungsprojekts, gibt Raum für die Reiseliteraturforschung, vornehmlich für die Neuinterpretation von Texten über Reisen in die europäischen Metropolen der Moderne aus komparatistisch-kulturwissenschaftlicher Perspektive. Anhand der Reiseliteratur soll der Blick auf das „Fremde“ geschärft werden, sollen „die Dimensionen der kulturell-politischen Entwicklung in Europa in ihren Differenzen, Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten genauer erkannt werden“ (S. 9). In ihrer Mehrzahl gingen die Beiträge zu dem vorliegenden Band aus dem internationalen Symposium „Die Blicke der Anderen. Reisen der Zwischenkriegszeit zwischen den Metropolen Berlin, Paris, Moskau“ hervor, das im Februar 2006 in Bremen stattfand [...]. Es gereicht der Publikation zum Vorteil, dass der Personen- und Werkindex dem Leser eine schnelle Orientierung zwischen Autoren und Texten ermöglicht und die Verfasser aller Beiträge im Anhang ausführlich vorgestellt werden.
Karlheinz Kasper in „Osteuropa“ (7/2011)
[...] mit dem besprochenen Band [liegt] erstmals ein wissenschaftliches Kompendium zum modernen russischen Reisetext in deutscher Sprache vor. Dessen bedeutender [...] Verdienst ist es, nicht nur auf die Visualitätsaffinität, sondern auch auf die mit den genrespezifischen Funktionalisierungen einhergehende Flüchtigkeit von Alteritätsperzeptionen in modernen russischen Reisetexten aufmerksam gemacht zu haben. [Der Band erweist sich] im Hinblick auf die gesamte slavistische Reisetextforschung als wertvoll und sollte [...] in keiner Bibliothek fehlen.
Anja Jähde in „Zeitschrift für slavische Philologie“ (67/2, 2011)
Reisen Texte Metropolen
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