Nach zwei Theaterjahrzehnten, die insbesondere in Deutschland von der postmodernen Ästhetik bestimmt waren, wendet sich Lohers Dramatik von dem ab, was sie als „postmodernes Orientierungslosigkeitgefasel“ bezeichnet. Der vorliegende Band zeichnet in genauen Analysen nach, auf welche Weise Loher in ihren Stücken die Moderne wiederbelebt. Dabei bezieht die Autorin sich vor allem auf die Theaterästhetik Brechts. Vor dem Hintergrund des politischen Theaters entwickelt sie eine „moderne“ Dramatik, die erneut den Menschen und seine materiellen Lebensbedingungen im Spätkapitalismus behandelt. Das Buch untersucht die dramatischen Strukturen in Lohers Theaterstücken und zeigt dabei, auf welche Weise die Dramatikerin einerseits aus Brechts Werk schöpft, andererseits seine Theaterästhetik in ihren Stücken kritisch reflektiert.
Birgit Haas
Das Theater von Dea Loher: Brecht und (k)ein Ende
2006
ISBN 978-3-89528-529-5
276 Seiten
kartoniert
Birgit Haas, geb. 1966. Studium der Germanistik und Anglistik in Heidelberg. 1998 Promotion über George Tabori. 1999-2004 DAAD-Lektorin in Keele und Bristol (GB). Seit 2005 Lecturer am Department of Drama an der University of Exeter (GB). Publikationen: Modern German Political Drama 1980-2000 (2003), Wendetheater – Theater der Wende (2004); Das Theater von Dea Loher (2005); als Herausgeberin: Macht (2005). Zahlreiche Essays zum politischen Theater des 20. und 21. Jahrhundert.
Leseprobe: lp-9783895285295.pdf
[...] Eine interessante Studie, die einen guten Einblick in das Werk der nach Haas „bedeutendsten deutschen Dramatikerin der letzten fünfzehn Jahre“ gewährt.
Nathalia Münnich in „die deutsche bühne“ (9/06)
In ihrer Studie „Das Theater von Dea Loher. Brecht und (k)ein Ende“ diskutiert Birgit Haas, die als Expertin des politischen Theaters und des Theatralen des Politischen gelten kann, zunächst den Begriff des politischen Theaters und konkretisiert ihn literaturgeschichtlich, bevor sie die Ästhetik der Texte Dea Lohers konturiert. Der größte Teil der Studie ist den Dramen gewidmet, wobei Haas drei thematische Gesichtspunkte einführt: die oral history versus materielle Überlieferung, das Spannungsfeld von Materialismus und Idealismus und die Spielarten eines feministischen Materialismus. [...] Haas bezieht Lohers Poetik des individuellen Blicks in überzeugender Weise auf die aktuelle Debatte um oral history und lineare Geschichtskonstruktionen, indem sie die Positionen von Aleida und Jan Assmann, aber auch Maurice Halbwachs’ kollektives Memoria-Konzept integriert. Dea Lohers Theatertexte provozieren ganz in diesem Sinne Konflikte zwischen individueller Wahrnehmung und mündlicher Tradition einerseits sowie fixierten, mythisierten Geschichtsbildern andererseits. Damit tragen die Dramen Lohers auch dem Abschied von »großen Erzählungen« Rechung, wie Haas im Anschluss an Lyotards überaus beliebtes Diktum ausführt. [...] Den überzeugendsten Teil der Untersuchung bilden die konkreten Stückanalysen, wobei drei Dramen, nämlich Tätowierung, Blaubart – Hoffnung der Frauen und Schere abgetrennt und in einem letzten Abschnitt aus der Perspektive eines feministischen Materialismus gelesen werden. [...]
Franziska Schößler in „IASLonline“ (22.11.06)
Die vollständige Rezension ist unter http://iasl.uni-muenchen.de/rezensio/liste/Schoessler3895285293_1742.html nachzulesen.
Mit ihrem ambitionierten Buch [...] liefert Birgit Haas eine willkommene Fortsetzung und Vertiefung ihres zuvor veröffentlichten Überblicks über das zeitgenössische Theater [...] und arbeitet mit viel Kompetenz an der Bewertung und Bekanntmachung der Klassiker von morgen. [...] Zudem bietet das Buch viele brillante Einzelanalysen der Texte [...].
Alexandra Ludewig in „The Brecht Yearbook / Das Brecht-Jahrbuch“ (32/2007)
[...] Die eingehende Analyse ganz unterschiedlicher Stücke von den Anfangsjahren bis zu jüngeren Werken macht deutlich, daß Loher auf der Grundlage des politischen Theaters ein eigenes Konzept entwickelt, das sich vehement vom zwischenzeitlichen „Orientierungslosigkeitsgefasel“ (272) des postmodernen Theaters absetzt und dessen Abweichungen vom Brechtschen Modell nicht zuletzt durch den Wandel von aktuellen Themen bestimmt werden. [...]
Rüdiger Krohn in „Germanistik“ (2007 / Heft 3-4)