Vor dem Hintergrund der jüngsten Utopieverdrossenheit und -kritik wird hier der Versuch unternommen, an Ernst Blochs Hoffnungsphilosophie und seine Ästhetik des Vor-Scheins zu erinnern. Diese Rückschau ist keineswegs nostalgisch gemeint, sondern prospektiv und kritisch. Denn der Materialwert der Blochschen Ästhetik ist noch längst nicht ausgeschöpft und sein erweiterter Utopiebegriff noch nicht ausreichend für unser Verständnis der Moderne erkannt und genutzt. Das mag daran liegen, daß Blochs erweiterter Utopiebegriff vielen zu unbestimmt und vage erscheint. Doch übersieht man dabei, daß utopisches Denken und antizipierende Imagination sich in der Moderne von der Gattung Utopie gelöst haben. Ihre farbenfrohen Gegenbilder verblaßten, um als satirischer Stil, idyllische Versatzstücke oder utopische Augenblicke in der modernen Literatur wieder aufzutauchen. Diese Veränderung des Utopiebegriffs stellt auch die Literaturwissenschaft vor neue Aufgaben. Die Aufsatzsammlung beschäftigt sich mit der Vielfalt und Weite von Blochs „Enzyklopädie der Hoffnung“, deren utopische Methode und „Ästhetik des Vor-Scheins“ auf Texte des 18. und 20. Jahrhunderts angewandt werden. Die Ergebnisse des Buches werden in einem abschließenden Kapitel „Zur Begriffsgeschichte der Utopie“ zusammengefaßt.
Klaus L. Berghahn
Zukunft in der Vergangenheit
Auf Ernst Blochs Spuren
2008
ISBN 978-3-89528-704-6
172 Seiten
kartoniert
Klaus L. Berghahn ist Weinstein-Bascom Professor of German and Jewish Culture an der University of Wisconsin-Madison.
Leseprobe: lp-9783895287046.pdf
Das Buch wurde von der Jury, die monatlich im Auftrag der „Süddeutschen Zeitung“ und des NDR die besten Sachbücher ermittelt, im April 2009 auf Platz 3 gewählt. (Die ausführliche Liste finden Sie hier als PDF-Datei).
Die hier erörterten Ideen sind auf provokante Weise unzeitgemäß und nicht zuletzt deshalb wert, (wieder) gelesen zu werden.
Susanne Hochreiter in „Germanistik“ (Bd. 50/H. 3-4)
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