Referenzräume schaffen in literarischen Texten Wirklichkeitsillusion. Diese Technik scheint für den Realismus sehr rentabel zu sein. Doch bei genauer Beobachtung räumlicher Strukturen in Texten des poetischen Realismus, besonders bei Wilhelm Raabe und Adalbert Stifter, stechen Räume hervor, die dem mimetischen Diktat keine Folge leisten, und somit der Realitätsbildung zuwiderlaufen. In anderen Räumen, Heterotopien, vermengen sich Zeichendispositive, die primäre Referenzen unterminieren und die realistische Wirklichkeitskonstruktion insofern verzerren, als sie das ökonomische Schreibverfahren destabilisieren. Der Band geht den Lebensentwürfen abseits der bürgerlichen Wirklichkeitssphäre bei Raabe und Stifter nach und befragt die Konsequenz, mit der ihre Texte in den heterotopischen Raumrealisierungen die Fundamente realistischen Schreibens erschüttern.
Brahim Moussa
Heterotopien im poetischen Realismus
Andere Räume, Andere Texte
Münstersche Arbeiten zur Internationalen Literatur Bd. 5
2012
ISBN 978-3-89528-938-5
242 Seiten
kartoniert
Brahim Moussa studierte Germanistik und Allgemeine Sprachwissenschaft an der Universität Manouba in Tunis und in Münster. Promotion im Jahr 2011 an der Westfälischen Wilhelms Universität Münster. Er ist als Dozent für Literaturwissenschaft an der Universität Carthage in Tunis tätig.
Leseprobe: 9783895289385.pdf
[...] Moussas Studie widmet sich ausführlich der Problematik, die mit dem Heterotopie-Konzept einhergeht, ohne auf die Anwendung auf ein Quartett (poetisch) realistischer Erzählungen zu verzichten. Das Heterotopie-Konzept erweist sich im Rahmen von Textanalysen als äusserst fruchtbar. Die Studie überzeugt nicht zuletzt aufgrund ihrer klaren Struktur und dem leichtfüssigen Wechsel zwischen Theorie und (Analyse-)Praxis. Eine stringente Kapitelgliederung, ausführliche cliff hangers und Abstracts zu Beginn der Textanalysen sind Teil der leserfreundlichen Organisation der Studie. [...] Allgemein lädt Moussas Studie ein, realistische Erzählungen neu und künftig anders zu lesen.
Natalie Moser in „literaturkritik.de“ (April 2013)
[Brahim Moussa] erscheint [es] als eine besondere literarhistorische Leistung des Realismus, [... dass] sich dieser mit seinen 'heterotopischen Raumrealisierungen' auf Felder des Unvertrauten und Umheimlichen hinaus[wagt] [...].
Werner Jung in „Germanistik“ (2012, Heft 3-4)
[...] in „Heterotopien im poetischen Realismus“, Brahim Moussa offers a strong contribution to scholarship on both space and poetic realism. His monograph compels us to rethink traditional interpretations of both the epoch and the concept of space associated with it and, in doing so, makes this literature relevant to contemporary readers. It will be a useful resource for scholars and students of poetic realism and those interested in the „spatial turn.“
John B. Lyon in „Monatshefte“ (Vol. 107, No. 1, 2015)
Münstersche Arbeiten zur Internationalen Literatur Bd. 5