Sicherlich wird viele Leser mein persönlicher Weg interessieren. Ich meine, er interessiert nicht. Deshalb nicht, weil ich nicht über mich schreiben wollte, und somit auch nicht will. Ich wollte von meiner Oma schreiben, weil Millionen Menschen bei uns eine Oma mit einem ähnlichen Schicksal hatten. Aber über diese Menschen schreibt niemand. In den Geschichtsbüchern steht nichts von ihnen. Ich wollte über meinen Vater schreiben, weil viele Väter so geschuftet haben. Über ihn hatte meine Mutter mal gesagt: »Eigentlich hatte er ein recht armseliges Leben.« Viel mehr konnte sie über ihn nicht sagen, mit Sicherheit aber nicht über ihn schreiben. Weil man in meiner Klasse nicht in dem Sinne schreiben gelernt hat. Man schreibt nur, um Formulare auszufüllen oder Briefe an Verwandte.
Lesebuch Hans Dieter Baroth
Zusammengestellt und mit einem Nachwort von Karl-Heinz Gajewsky
Nylands Kleine Westfälische Bibliothek 103
2021
ISBN 978-3-8498-1712-1
160 Seiten
kartoniert
[...] Dieser Sammelband verdeutlicht: Baroth war einer der letzten Arbeiterschriftsteller: ein Kämpfer mit Idealen.
Jens Dirksen in „WAZ“ (12.11.2021)
Nylands Kleine Westfälische Bibliothek 103
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