Der saarländische Schriftsteller Ludwig Harig (*1927) zählt zu den herausragenden Erzählern Deutschlands – und zwar spätestens seit dem großen Erfolg seiner autobiographischen Romantrilogie Ordnung ist das ganze Leben, dem Roman über seinen Vater, sowie Weh dem, der aus der Reihe tanzt und Wer mit den Wölfen heult, wird Wolf, in denen Harig seine Erinnerungen an die Nazi-Jahre sowie den Neuanfang und auch seine Neuorientierung im Deutschland der 50er Jahre schildert und darin zugleich ein literarisch beeindruckendes mentalitätsgeschichtliches Dokument geschaffen hat. Die vorliegende Monographie, die sich als Ermunterung zur Harig-Lektüre versteht, stellt die erste umfassende literarhistorische Würdigung eines Schriftstellers dar, der, noch ehe er sich als Erzähler einem größeren Publikum empfohlen hat, bereits als ebenso engagierter wie zeitweilig umstrittener Vertreter der Stuttgarter Max Bense-Schule der ‚Konkreten Poesie‘ und (Mit-)Begründer des ‚neuen Hörspiels‘ und der O-Ton-Bewegung in den späten 60er und frühen 70er Jahren gewirkt hat. Harig, ein wahrer ‚poeta doctus‘, ist Verfasser alexandrinischer Gelegenheitsgedichte, ein kongenialer Übersetzer und überaus genauer Beobachter des literarischen Marktes, der sich zeitlebens auch in einer Vielzahl poetologischer und ästhetischer Selbstreflexionen (in Aufsätzen und Essays, Reden, Vorträgen und Vorlesungen) geäußert hat. Diese reichen von Überlegungen zur Verfahrensweise der ‚Konkreten Poesie‘ über Gedanken zum ‚neuen Hörspiel‘ bis zu grundsätzlichen Erwägungen über die zeitgenössischen Möglichkeiten des Erzählens – so ist ein dichtes Netzwerk entstanden, in dem alle Texte Harigs auf untergründige Weise miteinander verflochten sind. Im Anhang dieser Monographie, der es immer auch auf die ‚Machart‘, die Poetologie der Texte ankommt, finden sich noch einige unpublizierte Gedichte, Auszüge aus einem Reisetagebuch sowie ein Feature über den Lehrer Max Bense, die einen zusätzlichen Lektüreanreiz darstellen.
Werner Jung
„Du fragst, was Wahrheit sei?“
Ludwig Harigs Spiel mit Möglichkeiten
2002
300 Seiten
kartoniert
ISBN 3-89528-362-2
Werner Jung, Dr. phil., Prof. an der Gerhard Mercator Universität Duisburg für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft. Monographien über Georg Lukács, Georg Simmel, Dieter Wellershoff, die Ästhetik des Häßlichen im 19. Jahrhundert, die Geschichte der Ästhetik und Poetik. Im AISTHESIS VERLAG ist ein Band mit Studien zu Georg Lukács sowie eine Bibliographie zu Ludwig Harig erschienen.
Die Etappen der schriftstellerischen Laufbahn [Ludwig Harigs] schildert in seiner Werkmonographie mit dem Titel „Du fragst, was Wahrheit sei?“, die zum 75. Geburtstag Harigs im Juli [2002] erschienen ist. Sie bietet Interpretationsangebote wie Rezeptionsgeschichte und ist als gelungene Einführung ebenso zu lesen wie als prägnante Chronik. Ergänzend dazu gibt es eine umfangreiche Bibliographie, die Zeugnis ablegt von der beeindruckenden Produktivität Harigs seit mehr als 50 Jahren.
Jörg Magenau in "Freitag" (21.02.2003)
Das Buch versteht sich selbst als Ermunterung zur H.[arig]-Lektüre und ist in diesem Sinne zu empfehlen.
J. Christian Sinn in „Germanistik“ (2003, Heft 3-4)