In diesem Band werden erstmals alle erhaltenen und derzeit zugänglichen Briefe Schwagers (mit Ausnahme der bereits 2014 publizierten Brautbriefe) veröffentlicht, u.a. an Büsching, Campe, Klopstock, Möser, Nicolai, Semler, Sprickmann, Wieland und von Rochows kurmärkische ökonomische Gesellschaft. Die ‚Dienstpost‘ an Konsistorium, Superintendentur und das Stift Schildesche dokumentiert das Berufsleben dieses lutherischen Landpfarrers im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts in eindrucksvoller Weise. Sie zeigt den Aufklärer Schwager vor allem in volksmedizinischen und schulischen Belangen als gemeinnützigen Anwalt des „einfachen Mannes“ in Dauerfehde mit dem Großbauerntum, das erst nach Auflösung des Stiftes Schildesche mit Hilfe der Erweckung seine Interessen auf Kosten der Heuerlinge durchsetzen konnte: Die Fronten auf dem späteren Weg in den materiellen und geistigen Pauperismus waren schon damals klar erkennbar. Eine vollständige Pastoraltheologie bieten Schwagers Briefe an seinen frühverstorbenen Schwiegersohn Theodor Koch (1774-97).
Johann Moritz Schwager
Briefe aus Jöllenbeck
Herausgegeben von Frank Stückemann
Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen, Band 64
Reihe Texte Band 30
2016
ISBN 978-3-8498-1129-7
587 Seiten
kartoniert
Frank Stückemann, Dr. theol., der Herausgeber dieser Edition, ist seit 1991 Pfarrer in Soest-Meiningsen. Nach seiner für die Schwager-Forschung grundlegenden Dissertation (2008) hat er dessen Werke vor allem in der Reihe „Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen“ im Aisthesis Verlag ediert. Zahlreiche Publikationen zu westfälischen Autoren der Aufklärung und des Vormärz’ sowie Literaturübersetzungen aus dem Englischen und Französischen.
[...] [Die Schreiben zeigen] Schwager als Anwalt des „einfachen Mannes“ in Dauerfehde mit dem Großbauerntum. Eine Pastoraltheologie bieten Schwagers Briefe an seinen Schwiegersohn Theodor Koch. [...]
Burgit Hörttrich in „Westfalen-Blatt“ (2.12.2015)
[...] Die Editionstechnik bei dieser Sammlung von Briefen ist ebenso sachgerecht wie sorgfältig. Eine kenntnisreiche Einleitung des Herausgebers rundet das Bild eine Edition ab, die wissenschaftsgeschichtlich weiterführend ist und als Verdienst für die Forschung gewertet werden muss.
Dirk Fleischer in „Das Historisch-Politische Buch“ (2016, Heft 4)
[...] Die Einleitung von Stückemann zeigt, wo die Konfliktlinien zwischen Aufklärung und Pietismus verliefen. S[chwager] war ein »Anwalt der lütken Luie« (42) seiner Gemeinde. Diese »kleinen Leute« wurden durch das Großbauerntum ausgebeutet; S[chwager] verglich das mit »Sklaverey« (44). [...] Im Pietismus erkannte S[chwager] vor allem eines, nämlich den oft erfolgreichen Versuch, die Armen auf dem Land, »Heuerlinge, Hüßen, Kötter« (44), klein zu halten, sie auf einen Ausgleich im Jenseits zu vertrösten, eine Volksgesundheit und -aufklärung zu verhindern, das Großbauerntum zu stützen und so die gegebene Ungerechtigkeit kirchlich zu sanktionieren. [...]. S[chwager] jedenfalls ist ein Volksaufklärer, der in regionalen, das heimatkundliche Interesse übersteigenden Bezügen hier schon früh einen anderen Aspekt christlicher, kirchlicher Arbeit, Seelsorge und Pädagogik gesetzt hat. Insofern sind die nicht einfach zu lesenden Briefe S.s keine versponnenen Gedanken aus einer schöngeistigen Welt, sondern haben immer einen handfesten sozialen Hintergrund. Stückemann ist es zu verdanken, dass dieser wichtige Aspekt der Kirchengeschichte deutlich zutage tritt, dass auch westfälische Kirchengeschichte nicht nur Geschichte des Pietismus und der Erweckungsbewegung ist, sondern einen durchaus weiten Geist geatmet hat.
Albrecht Philipps in „Theologische Literaturzeitung“ (Dez. 2016)
Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen, Band 64
Reihe Texte Band 30