vergriffen
Die aufklärerische Bilderkritik führte den Abstraktionsprozeß der Moderne zu einem historischen Höhepunkt. Sie schuf aber andererseits auch die Voraussetzung einer ästhetischen Wiederkehr der Bilder, die an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert im Diskursfeld von Klassik, Romantik und philosophischem Idealismus theoretisch-spekulativ gedacht wie poetisch realisiert wurde. Für die widersprüchliche Überbildung einer prinzipiell bildlosen Moderne war das sprachliche Medium konstitutiv.
Der Band versammelt Beiträge zu übergreifenden Problemstellungen (wie "Denken als Bildungsprozeß") sowie zu einzelnen Autoren, unter denen Goethe herausragt.
Mit Beiträgen von Winfried Eckel, Ulrich Gaier, Ursula Geitner, Ingeborg Harms, Andreas Käuser, Jürgen Link, Christian Moser, Günter Oesterle, Helmut Pfotenhauer, Nils Reschke, Helmut J. Schneider, Jochen Schulte-Sasse, Ralf Simon, Markus Winkler und Thomas Wirtz.
Helmut J. Schneider / Ralf Simon / Thomas Wirtz (Hgg.)
Bildersturm und Bilderflut um 1800
Zur schwierigen Anschaulichkeit der Moderne
2001
335 Seiten
kartoniert
ISBN 3-89528-269-3
Helmut J. Schneider ist Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Bonn.
Ralf Simon ist Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Basel.
Thomas Wirtz ist Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Das Spektrum von Bild und Bildlichkeit in literarischen und philosophischen Texten, das die dreizehn Beiträge in Einzelinterpretationen vorgestellt haben, ist kaum auf einen theoretischen Nenner zu bringen. Doch hat sich das für die hermeneutische Arbeit am literarischen Text nicht als Nachteil erwiesen. Als heuristische Suchbewegung hat sich die Frage nach den Bildern im Text in diesem Band produktiv gezeigt. Und gerade in seiner methodischen Zurückhaltung gegenüber intermedialen und kulturwissenschaftlichen Modeformeln, die oft einer Logik des kleinsten gemeinsamen Nenners folgen, liegt eine Stärke dieses Bandes. Er ist ein Beitrag der Literaturwissenschaft zu der im Moment so heiß diskutierten Frage: "Was ist ein Bild?" (Gottfried Boehm). Als wichtige Ergebnisse sind festzuhalten: Bilder in literarischen Texten sind mehr sind als rhetorische Tropen. Als textuelle Konfigurationen verdanken sie sich beschreibbaren literarischen Strategien. Bildlichkeit im literarischen Text ist nicht mit Anschaulichkeit gleichzusetzen. Vielmehr fasziniert in der Moderne die poietische Leistung der Bilder, ihr semiotischer Eigenwert. Sie transponieren mediale Reflexivität in den Text und stellen oft die Darstellungsproblematik selbst mit dar.
Sabine M. Schneider in "Kunstform 3" (2002), Nr. 11