An Jean Pauls Erzählprosa ist immer wieder hervorgehoben worden, dass ihr mit den üblichen literaturgeschichtlichen Einordnungen (Aufklärung, Empfindsamkeit, Klassik, Romantik) nicht beizukommen ist. Ihre Zugehörigkeit zum Textfeld der deutschsprachigen Tristram Shandy-Rezeption zeigt jedoch, dass sie jenseits dieses Epochenschemas an einer breiten literarischen Strömung teilhat, die am Ende des 18. Jahrhunderts vor der Frage steht, wie und unter welchen Bedingungen überhaupt noch Sinnstiftung möglich ist, die über eine bloß partikulare hinausgeht. Das Besondere von Jean Pauls Schreiben ergibt sich dabei aus dem paradoxen Bemühen, die zur Befriedigung des ganzheitlichen Sinnbedürfnisses notwendige allumfassende Synthese nicht mehr in der Nivellierung der Heterogenität alles Einzelnen, sondern gerade im Ausstellen derselben zu suchen.
Christian Schienke
Arbeit am Sinn
Jean Pauls "Titan" und das Reflexionspotential seiner Erzählprosa im historischen und werkgeschichtlichen Kontext
Philologie und Kulturgeschichte Band 11
2021
ISBN 978-3-8498-1507-3
314 Seiten
kartoniert
Christian Schienke studierte Germanistik und Geschichte an der Universität Bremen. Seit 2010 lehrt er dort als Lehrbeauftragter (2019/20 als Lecturer) im Bereich neuere deutsche Literaturwissenschaft. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören die Literaturgeschichte der Sattelzeit, die Geschichte und Theorie des Romans und das Drama der Jahrhundertwende 1900.
Leseprobe: lp-9783849815073.pdf
Philologie und Kulturgeschichte Band 11