Nur wenige Fachleute stießen gelegentlich auf eine ältere Nachricht, wonach 1589 in Lemgo 25 »geistvolle Andachtslieder« einer Anna von Quernheim gedruckt worden seien. Nicht einmal der Buchtitel war bekannt. Gertrud Angermann spürte in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel das möglicherweise einzige erhaltene Exemplar auf. Damit liegt eine Liedauswahl vor, die einen Eindruck gibt von den Werken der ältesten bekannten Liederdichterin Westfalens. Die Neuveröffentlichung der 25 Lieder in mittelniederdeutscher Sprache wird ergänzt durch eine Übertragung in heutiges Deutsch.
Eine günstige Quellenlage erlaubte es der Autorin, die Biographie der Anna von Quernheim (vor 1520 - 1590) weit detaillierter nachzuzeichnen, als für das Leben einer Frau des 16. Jahrhunderts üblicherweise zu erwarten ist, detaillierter, als Darstellungen von Persönlichkeiten dieser Zeit insgesamt auszufallen pflegen, soweit es sich nicht um exponierte Gestalten der Geschichte handelt.
Das umfassende Portrait der von der Ulenburg (südlich des Wiehengebirges) stammenden Stiftsdame, die dem lutherischen Stift Berg (Herford) fast vier Jahrzehnte als Dechantm vorstand, bietet somit exemplarisch einen fundierten Einblick in die Bedingungen weiblicher Existenz zu ihrer Zeit. Weit mehr, als man es für eine Frau des 16. Jahrhunderts erwarten kann, werden ihre Persönlichkeit und ihr Lebenskreis lebendig.