In der deutschen Literatur existiert seit langem eine produktive Form der Auseinandersetzung mit den Kulturen des Orients, islamischen wie nicht-islamischen. Die Darstellung schwankt seit den Anfängen zwischen Abwehr und Faszination. Zu ersten Kulturkontakten kommt es unter denkbar ungünstigen Bedingungen: im Mittelalter der Kreuzzüge. In den Türkenkriegen der frühen Neuzeit setzt sich das Feindbild vom grausamen ,Muselmann‘ in den Köpfen fest. Aber schon im 17. und 18. Jahrhundert wächst das positive Interesse an ,morgenländischer‘ Literatur und Philosophie. Nicht zuletzt wecken die Übersetzungen der Geschichten von Tausendundeiner Nacht ein nicht mehr abreißendes Interesse an einem ins Märchenhafte stilisierten Orient. Ein Höhepunkt interkulturell motivierter Rezeption ist ohne Zweifel Goethes West-östlicher Divan. In der deutschen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts finden wir beides: Bilder des Orients, die den Kampf der Kulturen und Religionen schüren, und Entwürfe zivilisatorischer Gemeinsamkeiten.
Die in diesem Band versammelten Beiträge gehen auf eine Tagung im Internationalen Begegnungszentrum der Universität Bielefeld zurück, die im Rahmen des „Euro-islamischen Dialogs“ stattfand.