[...] Nach wie vor gibt es nur zu wenigen Autorinnen und Autoren des Vormärz verlässliche Editionen, eine Lücke, die die seit 2006 erscheinende „Kritische und kommentierte Gesamtausgabe“ der Werke und Briefe Georg Herweghs in hervorragender Weise zu schließen hilft. Mit fast 150-jähriger Verspätung steht damit nun der Herwegh-Forschung eine zuverlässige Ausgabe zur Verfügung, und es bleibt zu hoffen, dass dies den Weg ebnet zu einer neuen und nicht nur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Werk eines der großen Demokraten des 19. Jahrhunderts. [...] Außerdem muss auch dem Aisthesis Verlag in Bielefeld ausdrücklich gedankt werden, der nun schon seit über zwanzig Jahren eine erste Adresse für die wissenschaftliche Aufarbeitung und Edition der Literatur des Vormärz ist und der sich selbst für seinen Einsatz und seine Geduld bei der Betreuung der kritischen Herwegh-Ausgabe auf dem Sektor der Vormärz-Edition ein kleines Denkmal setzt.
Bernd Füllner „Jahrbuch Forum Vormärz Forschung 2016“
[...] Die Herausgeberin bezeichnet Herwegh als den „umstrittenste[n] Poet und Schriftsteller der ganzen Periode“. Der verkehrte mit streitbaren Genossen: mit Ludwig Feuerbach und Richard Wagner, Heinrich Heine und Karl Marx, Michail Bakunin und Heinrich Brockhaus. Das dürfte verbürgen, dass bei der Lektüre auch bloß biografische Interessen überschritten werden. Die einzelnen Texte Herweghs finden sich hervorragend kommentiert: Ein Dichten, das in tagespolitische Gemengelagen eingreifen wollte, gebraucht Anspielungen, Namen und Ereignisse, die rasch dem Vergessen anheimgegeben sind. Derjenige, der den Politiken der Freundschaften nachspüren will, wie sie zerbrechen und sich neu arrangieren, der kann sich den Kommentaren anvertrauen. [...] Herweghs Œuvre lebt in diesen Extremen, im klirrenden Pathos und doch im Zweifel, beinahe sentimental, trunken und dann wieder klar, eine Grenze ziehend. Wir, die gezwungen sind, es vom Heute her zu lesen, können gerade in seinen späteren Werken einer rastlosen Bewegung gewahr werden, wie Lyrik zu etwas werden könnte, was gesungen wird, was in einem aktuellen Sprechen und Streiten wirkt. [...]
Sebastian Schreull in „literaturkritik.de“ (Juli 2017)
Zur vollständigen Rezension: http://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=23406
[...] Diese Kritische Ausgabe versammelt das bisher Verstreute, präzisiert in Vielem die Textgestalt und Chronologie und stellt damit den Dichter-Publizisten Herwegh in einer Kompaktheit vor, wie sie sich nicht nur den Zeitgenossen verschloss, sondern auch für die nicht speziell auf diesen Schriftsteller gerichtete Forschung bislang nicht darbot. [...] Es sind vor allem die Erläuterungen [...], die Herweghs politisch-poetisch-publizistische Welt erschließen. Sie sind gewissermaßen eine textfundierte, annalistische Biographie, die den Lyriker mit dem Publizisten und Briefeschreiber eng verzahnt. Hier eröffnen sich für die künftige Forschung fruchtbare Perspektiven: Wie sind bei Herwegh Politisches und Privates verknüpft? In welchem Rangverhältnis stehen Publizistik und Poesie zueinander? In welcher Weise konstituieren Ereignis und Bedeutung von »1848« die eigene nachmärzliche Position – auch im Unterschied etwa zum späten Heine. [...] Dank gebührt auch dem Aisthesis Verlag, der in Zeiten des abnehmenden Lichts für große Werk-Ausgaben und vergangene Literatur verlegerisch viel investiert. [...]
Peter Stein im „Heine-Jahrbuch“ (November 2017)
Mit dem seit Ende des vergangenen Jahres vorl. zweiten Band der Gedichte Georg Herweghs ist die editorische Aufarbeitung der Lyrik des Dichters – ein Desiderat der germanistischen Forschung seit dem letzten Jahrhundert – weitgehend abgeschlossen. Er ist der vielleicht wichtigste Beitrag zum 200. Geburtstag H.s in diesem Jahr. [...] Ein Namenregister und ein Verzeichnis der Überschriften und Anfangszeilen erschließen den Editionsband, der vom Verlag sorgfältig und ansprechend gestaltet wurde.
Thomas Lindenberg in „Germanistik“ (2017, Heft 3-4)
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