Grabbe, Christian Dietrich: Der Cid
Artikel-Nr.: 978-3-89528-742-8

Christian Dietrich Grabbes Der Cid. Grosse Oper in zwei bis fünf Akten von 1835 ist bislang geradezu skandalös (und eben darum auch signifikant) unterbewertet und missachtet worden. Davon sind alle an dieser ersten selbständigen Edition des Textes Beteiligten – Grabbe-Forscher wie Theaterpraktiker – überzeugt. So wie die allererste Inszenierung der „Grossen Oper“ 2002 eindrucksvoll widerlegt hat, dass Der Cid unaufführbar ist, so überzeugend weisen die literaturwissenschaftlichen Beiträge in diesem Band nach, dass Der Cid keineswegs das alkoholvernebelte und zu vernachlässigende Nebenwerk eines Autors im Niedergang ist, sondern dass Grabbe hier mit einer hoch(selbst-)reflexiven Ästhetik von frappierender Modernität und radikaler Lust an groteskem Spott die Schaubühne als moralische Anstalt verabschiedet und die Illusionsmaschine Theater ad absurdum führt.
Daten |
Christian Dietrich Grabbe Der Cid Grosse Oper in 2 – 5 Akten Text – Materialien – Analysen In Verbindung mit Maria Porrmann und Kurt Jauslin herausgegeben von Detlev Kopp AISTHESIS Archiv 12 Vormärz-Studien Bd. XVII 2009 ISBN 978-3-89528-742-8 142 Seiten + DVD kartoniert |
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Inhalt |
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Lese-/Hörprobe |
Leseprobe: 9783895287428.pdf |
Aus der Kritik |
Tolldrastische, tolldreiste Dramen kennt die deutsche Literatur des 19. Jahrhunderts viele: Zaubermärchen, dröhnende Historienspektakel oder Mysterienspiele wie „Faust II“. Das allerverrückteste Stück aber ist „Der Cid“, den Christian Dietrich Grabbe 1835 verfasste. Die grosse (Sprech-)Oper „in 2 bis 5 Akten“ um den spanischen Helden und sein geliebtes Fräulein Chimene zählt keine dreissig Seiten und ist doch das aufwendigste Drama der Weltliteratur mit gewaltigen Schauplätzen und circa einer Million Komparsen. Neben den historischen Gestalten treten Zeitgenossen Grabbes auf, wie Platen oder der Historiker Friedrich von Raumer, Elefanten oder sprechende Schafe, dazu eine Katze, die aber nicht mitspielen will, und am Ende sogar das Publikum. Es gibt gewaltige Schlachten, schockierende Erotik und grottenblöde Verse. Gern fallen die Schauspieler aus der Rolle, und „ein Rezensent“ meldet sich auch gleich zu Wort: „Mir wird so wohl, mir wird so dumm / Als wärn mir tausend Säu im Kopf herum.“ Wer in diesem Endspiel ohne Ende die halbe Moderne vorweggenommen sieht, liegt wohl nicht falsch. Expressionismus, Surrealismus, König Ubu und das Absurde Theater – alles drin, wie Kurt Jauslin meint, einer der Kommentatoren dieser engagierten Neuausgabe: „Wo immer die Pioniere der modernen Literatur zu neuen Ufern vorstiessen, fanden sie im Sand die Fussspur schon vor, deren leicht schwankendes Schrittmass ihnen signalisierte: Grabbe was here.“ 2002 hat die bayerische Hofkunst Loipfing eine Aufführung gewagt (DVD liegt bei). All unseren lieben Staats- und Stadttheatern, die ja ohnehin nicht mehr wissen, was sie noch spielen sollen, sei Grabbes unendlicher Spass aufs Heftigste ans Herz gelegt. |
Reihe |
AISTHESIS Archiv 12 Vormärz-Studien Bd. XVII |