[...] Bezug nehmend auf die Studie Michael Löwys, „Erlösung und Utopie. Jüdischer Messianismus und libertäres Denken. Eine Wahlverwandtschaft“ (1988, dt. 1997), wonach für jüdische Intellektuelle vor 1933 ein enger Zusammenhang von Anarchismus und jüdischer hermeneutischer Tradition festzustellen ist, zählt Guerra Benjamin und Scholem zu den, wenn auch minoritären, Vorreitern einer Geistesgeschichte am Anfang des 20. Jahrhunderts – einer politisch-theologischen Epoche, in der deren Denkmodelle radikal aufblitzten. Zu Recht lenkt der Autor die Aufmerksamkeit auf den von beiden favorisierten Begriff des „theokratischen Anarchismus“. Unter „Anarchotheokratie“ versteht er den Versuch, nachzuspüren, wie Gottesmacht und eine libertäre, weltliche Gemeinschaft zusammengedacht werden können: „Religionspolitisch bedeutete es die Möglichkeit, eine Regierung Gottes denken zu können, ohne sie zu institutionalisieren. Philosophisch führen die Begriffe zu einer Autonomisierung des Ursprungsdenkens, das Macht ablehnt, um eine neue Transzendenz zu gewinnen.“ (S. 26f.) Die Aussenseiterposition Scholems und Benjamins, als Deutsch-Juden in einer assimilierten Familie und als Juden neuen Bewusstseins, erfährt durch den Begriff des theokratischen Anarchismus legitimatorische Weihen.
Siegbert Wolf in „Marburger Forum“ (Heft 2/2007)
(Vollständig: http://www.philosophia-online.de/mafo/heft2007-2/Wol_gab)
[...] Dem vorliegenden Buch gelingt es, die Komplexität der theo-politischen These zu zeigen, indem es die historischen Bedingungen und die soziokulturelle Situation der jüdischen Denker in Deutschland deutet und ihre politischen Projekte wesentlich als einen kritischen Dialog mit dem Begriff der Kultur analysiert. [...] In allen Fällen bleibt [...] das Buch sehr lehrreich. Es ist sehr gut geschrieben und bietet in jedem Kapitel spannende Lektüren. [...] Es bereichert den Diskurs über den deutsch-jüdischen Modernismus und zeigt eine klare Perspektive über ein Denken, das schon damals zeitlos in der Zeit war.
Galili Shahar in „Weimarer Beiträge“ (54/2008/3)
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