Regionalgeschichtlich dem Verhältnis von Krieg, Revolution und Republik auf der Spur sind ebenso die Herausgeber Hermann Niebuhr und Andreas Ruppert, die in Zusammenarbeit mit dem »Naturwissenschaftlichen und Historischen Verein für das Land Lippe« Politik und Alltagsgeschichte in Detmold zwischen 1914 und 1933 in 19 Beiträgen untersuchen. Detmold hatte die Wirkungen der Republikanisierung 1918 mit einem veränderten Stadtstatus zu tragen: Aus der Residenzstadt eines Fürstentums wurde die Hauptstadt eines demokratischen Freistaats. Der Übergang vom fürstlichen Regiment Leopolds V. zum Volks- und Soldatenrat vollzog sich zum 12. November 1918 ohne Schwierigkeiten und ein militärischer Putschversuch blieb Episode. Kriegsbegeisterung war anfänglich in Detmold weit verbreitet, nicht nur beim Vaterländischen Frauenverein, so Gesine Niebuhr, sondern auch bei den sozialdemokratischen Frauenorganisationen. Die unmittelbare Kriegserfahrung der Stadt war auf die Kriegshandlungen an der Westfront beschränkt. Die Kriegswirkungen für die Stadt blieben mit dem Kriegswinter des Mangels von 1916/17 jedoch nicht aus. Politik in Detmold mit seinen knapp 20.000 Einwohnern zu Beginn der Weimarer Republik korrespondierte im Grunde mit reichsweiten Stimmungen: Hohe Wahlbeteiligungen nach 1918, Generalstreik beim Kapp-Putsch 1920, die Große Koalition im Reich 1921 hatte ihr Pendant in der Zusammenarbeit von MSPD, DDP und DVP, der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund wurde nach dem Rathenau-Mord und dem ›Republikschutzgesetz‹ im Jahr 1923 auch in Detmold aufgelöst, die antirepublikanische Rechte formierte sich in Detmold und Lippe mit Deutschvölkischer Freiheitspartei (1922) und Nationalsozialisten (1925), Gewerkschaften, USPD und Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold sprengten antisemitische Versammlungen und die NSDAP rückte 1930 hinter der SPD zur zweitstärksten Partei auf.
Björn Hofmeister in „Archiv für Sozialgeschichte“ (50. Bd., 2010)
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