Artikel-Nr.: 978-3-8498-1796-1
An dem an Wechseln und unterschiedlichen Bewertungen reichen Leben, Nachleben und Werk des Heilbronner Dichters, Satirikers, Revolutionärs, Ästhetikers und Kosmopoliten Ludwig Pfau (1821-1894) lassen sich eindrücklich die Verwerfungen der politischen Auf- und Umbrüche des 19. Jahrhunderts vor, während und nach der 1848er Revolution ablesen. Pfau, Sohn eines Kunstgärtners, entscheidet sich gegen das Studium der Theologie und beginnt eine Gärtnerlehre, die ihn nach Paris führt. Dort entdeckt er die Literatur für sich und veröffentlicht 1842 seinen ersten Gedichtband. Ende 1847 gründet Pfau in Stuttgart das satirische Wochenblatt Eulenspiegel, das ab 1848 erscheint und schnell große Verbreitung findet. Der Herausgeber und Redakteur Pfau eckt mit seinen satirischen Texten als radikaler Demokrat immer mehr an. Nach der gescheiterten Revolution flieht er über die Schweiz in sein Pariser Exil, in dem er zehn Jahre bleibt, bevor er 1863 nach Stuttgart zurückkehrt. Dort nimmt er den politischen Faden erneut auf und ist Mitbegründer der Württembergischen Demokratischen Volkspartei. Als Schriftsteller und Kunstkritiker gerät der Preußengegner, der stets dem Föderalismus das Wort redet, immer wieder mit der Regierung in Konflikt. Die erste wissenschaftliche Tagung anlässlich seines 200. Geburtstags beleuchtet die vielen Facetten seines Œuvres im Kontext der südwestdeutschen Revolutionsliteratur.
Daten |
Ludwig Pfau. Revolutionsliteratur im deutschen Südwesten Herausgegeben im Auftrag der Stadt Heilbronn von Anton Philipp Knittel Vormärz-Studien Band XLIV 2022 ISBN 978-3-8498-1796-1 225 Seiten kartoniert |
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Inhalt |
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Autoreninfo |
Anton Philipp Knittel, geboren 1961, Studium der Germanistik und Katholischen Theologie in Tübingen und Wien. (Lehr-)Tätigkeiten an den Universitäten Tübingen und Konstanz, seit 2019 Leiter des Literaturhauses Heilbronn mit angeschlossenem Kleist-Archiv Sembdner. Monografien über Peter Weiss’ „Die Ästhetik des Widerstands“ (1996) und zu den Autobiografien von Carl Gustav Carus, Wilhelm von Kügelgen und Ludwig Richter (2003, Diss.), zahlreiche Beiträge zur Literatur vom 17. bis 21. Jahrhundert. |
Lese-/Hörprobe |
Leseporbe: lp-9783849817961.pdf |
Aus der Kritik |
[...] Der vielseitige und lesenswerte Band über Ludwig Pfau weist über das im Untertitel genannte Thema Revolutionsliteratur im deutschen Südwesten hinaus und spiegelt ein Stück Demokratiegeschichte wider. Das Schöne an professionellen Tagungen ist, wenn danach ein nachhaltig brauchbarer Tagungsband herauskommt. Die erste wissenschaftliche Tagung zu Ludwig Pfau anlässlich dessen 200. Geburtstages fand im Herbst 2021 statt und setzte den Heilbronner Dichter, Revolutionär, Satiriker, Kunstkritiker und Hitzkopf Pfau in den Kontext der politischen Auf- und Umbrüche des 19. Jahrhunderts vor, während und nach der 1848er Revolution. [...] [...] Die Autoren legen einen überaus gelungenen Sammelband zu Ludwig Pfau und dessen Zeit vor und werden dabei der Vielschichtigkeit, z. T. aber auch der Widersprüchlichkeit der Persönlichkeit Pfaus gerecht. […] Anton Knittel, der Leiter des Hauses, hat die bemerkenswerte Sammlung herausgegeben, die den verschiedenen Facetten der Pfau’schen Persönlichkeit gerecht wird. […] Der fortschrittlichste Beitrag in diesem Band der Vormärz-Studien ist Olaf Brieses Untersuchung der kunsttheoretischen Schriften Pfaus, insbesondere seines Zentralwerks Die Kunst im Staat. Ausführlich zeigt Briese die Einflüsse von Feuerbach, Vischer, Hegel, Semper und Ruskin auf und macht die vermittelnde Synthese der „Kunst im Staat“ zwischen Religionskritik, Politik und Ästhetik transparent. Schließlich kommt er zu dem Ergebnis, dass Pfau theoretisch und praktisch ein Akteur sei, „der nie ‚geworden‘ ist, sondern stets im Werden blieb und der jeden sichtbaren Horizont stets als vorläufigen ansah.“ (S. 116) Was für eine Erkenntnis! Sie allein lässt diesen Band von Knittel zu einem kleinen Meilenstein der Pfau-Forschung werden. Bleibt zu hoffen, dass er diesen Unruhe stiftenden Fels in der Brandung auch überregional der Vergessenheit entreißt. Ich zumindest wünsche mir, ihm in Zukunft noch oft mit Büchern wie diesem zu begegnen. Die von Anton Philipp Knittel, dem Leiter des Literaturhauses Heilbronn herausgegebene Publikation zu Ludwig Pfau (1821-1894) beinhaltet neben einem biographischen Überblick elf überarbeitete Vorträge einer Tagung, die 2021 aus Anlass seines 200. Geburtstags stattfand und ein facettenreiches Bild dieses Heilbronner Journalisten, Dichters, Kunstkritikers, radikalen Akteurs der 48er-Revolution und Jahrhundertzeugen zeichnet. […] Insgesamt bietet die Publikation auch dem historisch informierten Leser anschauliche Details und neue Einsichten in die 48er-Revolution in Südwestdeutschland und darüber hinaus die Möglichkeit eines interessanten lokalgeschichtlichen Vergleichs zwischen Reutlingen und Heilbronn. […] Einen solchen Menschen [wie Ludwig Pfau] bekannt zu machen und zur weiteren Lektüre [seiner Texte] einzuladen, […] gelingt vorzüglich mit Hilfe des vorliegenden Bandes, der die Vorträge zusammenfasst, die im Jahre 2021 im Rahmen einer dreitägigen wissenschaftlichen Tagung – der ersten zu Pfau überhaupt – im Heilbronner Literaturhaus am Trappensee gehalten worden sind. […] Habe ich Appetit gemacht auf einen sicher nicht großen, aber widerborstigen Autor und aufmüpfigen Politiker, der in Paris Proudhon übersetzte und sich mit ihm anfreundete, dessen Schillerlied Meyerbeer vertonte, der sich in Zeiten eines blühenden Nationalismus für das Französische als Amtssprache im Reichsland Elsaß-Lothringen einsetzte und dessen Zelle der Gefängnisdirektor Karl von Köstlin, selbst durch die Märzrevolution geprägt, behaglich mit Polstermöbeln ausstatten ließ? Dann reicht das. [...] Der vielseitige und lesenswerte Band über Ludwig Pfau weist über das im Untertitel genannte Thema Revolutionsliteratur im deutschen Südwesten hinaus und spiegelt ein Stück Demokratiegeschichte wider. [...] The volume attempts to provide a multifaceted and contextualized evaluation of Pfau's work and the contexts in which it unfolded. [...]
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Reihe |
Vormärz-Studien Band XLIV |
Werbeflyer |
Werbeflyer: 1796-pfau-eflyer.pdf |