[…] Was hier praktiziert wird, ist eine Philologie, die ihren Gegenstand nicht aus den Augen verliert, das heißt: den Kontakt zur außertextuellen Wirklichkeit, zum historischen Kontext, zu ihren Protagonisten, aber auch zum eigenen Fachverständnis. […] Was die Lektüre dieses Bandes faszinierend macht, ist der fast staunende Blick auf ein buchstäblich lebhaftes philologisches Forschungsfeld, das bei aller spürbaren Begeisterung für den Gegenstand in jedem Moment die Frage nach der Aufgabe der Literaturwissenschaft, der (inter-)disziplinären Selbstverortung stellt, dies allerdings angenehm beiläufig und unaufgeregt. Und die (nur scheinbare) Abwesenheit eines gemeinsamen Theoriedesigns, dessen wuchernde Begriffsbildung mitunter den Blick auf den literarischen Text, den Protagonisten, den Kontext verstellt, erweist sich in diesem Fall keineswegs als Mangel, im Gegenteil. Es geht um Weltverständnis, aus der Sicht des Philologen, um eine Passion. Das ist es, was »wissenschaftliche Texte über sich selbst hinaus belangvoll« (10) macht.
Kerstin Küchler in „Romanische Forschungen“ (124/2012)
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