Heinrich Manns Demokratieverständnis weist Züge auf, die aus dem Vernunftglauben des 18. und dem konservativen „Lebensgefühl“ des 19. Jahrhunderts stammen, die (geistes)aristokratische, autoritäre und diktatorische Tendenzen enthalten und die es erklären, dass er sich im Kampf gegen Großkapital und Faschismus sozialistischen Konzeptionen eines „Volksstaates“ annäherte. Seine Überlegungen sind aufschlussreich für die Ideale und Illusionen, für die Potenzen und Schranken eines intellektuellen Welt- und Geschichtsbildes in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Volker Riedel
Konservatismus, Autorität, Diktatur
Der „geistige Adel“ im Demokratieverständnis des Skeptikers Heinrich Mann
AISTHESIS Essay 37
2011
ISBN 978-3-89528-883-8
108 Seiten
kartoniert
Volker Riedel, geb. 1943, Literaturwissenschaftler; 1968-1987 Mitarbeiter der Akademie der Künste zu Berlin, 1987-2009 Professor für Klassische Philologie an der Universität Jena. Forschungsschwerpunkte: Antikerezeption in der deutschen Literatur des 18. und 20. Jahrhunderts; Heinrich Mann. Zahlreiche Veröffentlichungen, darunter Editionen der Novellen, der Schauspiele sowie der Essayistik und Publizistik Heinrich Manns.
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[...] Volker Riedels Buch wird nicht jedem Heinrich-Mann-Anhänger gefallen. Es ist kühl und nüchtern, streng und doch mit Sympathie geschrieben. [...] Aber schon jetzt ist zu betonen: V.R. hat den Publizisten [Heinrich Mann] ernst und beim Wort genommen, weil das Nicht-Ernstnehmen immer schon eine typische Strategie derer war, die Heinrich Mann abwerten wollten. Riedel liefert jenen kein Wasser auf ihre Mühlen, sondern hat die Messlatte für eine Kritik um ein beträchtliches Maß höher gelegt.
Peter Stein in „Heinrich Mann-Jahrbuch“ (29/2012)
Es gilt ein kleines Bändchen anzuzeigen, das es in sich hat - im wahrsten Sinne des Wortes. Sein Verfasser ist der in Sachen Heinrich Mann ausgewiesene Wissenschaftler Volker Riedel, dessen Beschäftigung mit Mann weit in seine akademische Karriere zurückreicht und ihren Höhepunkt in der Mit-Herausgabe (neben Wolfgang Klein und Anne Flierl) der kritischen [Ausgabe der] Heinrich-Mann[Essayistik] erfahren hat. […] Riedel durchmisst in großen Schritten die zahlreichen Essays, die Mann vorgelegt hat. Sehr sorgfältig arbeitet er Nuancen heraus, ohne die große Linie in dessen Engagement für die Volksfront aus den Augen zu verlieren. […] Es ist und bleibt bei Heinrich Mann ein eigentümlicher Vertrauensbonus zu konstatieren, den er dem Geistigen, dem Geist, d.i. die Aufklärung, entgegenbringt: Dieses Vertrauen lässt ihn Brüche überstehen, indem er sie für sich als Kontinuität erlebt. Tief verwurzelt in der Tradition aufklärerischen Denkens, fühlt er sich dem Humanismus verpflichtet. „Heinrich Manns Entwicklung [ist] im Wesentlichen durch gleichartige Grundüberzeugungen geprägt und kann unter den Voraussetzungen seiner antiplutokratischen und vernunftsorientierten Denkansätze im Verlauf der der deutschen und internationalen Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht als ‚unlogisch‘ und ‚inkonsequent‘ bezeichnet werden.“ (S. 105) Dem ist nichts hinzuzufügen.
Hermann Haarmann in „Zeitschrift für Germanistik“ (3/2012)
Die hervorragende kritische Gesamtausgabe der Essays und Publizistik H. Manns, zu deren Hrsg-Team der Verf. gehört, stößt glücklicherweise neue Detailuntersuchungen zum Essayisten M.[ann] an. […] Belegreich, zugleich knapp, unter Berücksichtigung einschlägiger Forschung folgt der Verf. den „konservativen Zügen im Denken“ M.s. Die Arbeit ist geeignet, Rezeptionsklischees, politischen Vereinnahmungsversuchen und schneller Verurteilung zugleich engtgegenzuwirken […]. Neben den „Idealen“ handelt das Porträt auch von den „Illusionen“ eines Weltbildes, das eben darum ein faszinierendes Zeugnis der Geistesgeschichte des 20. Jh. ist.
Holger Pils „Germanistik“ (2011, Heft 3-4)
AISTHESIS Essay 37
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