Zwischen 1904 und 1906 verlor der Schriftsteller Wilhelm Schäfer (1868-1952), damals Herausgeber der Kulturzeitschrift Die Rheinlande, drei nahe Freunde durch ihren vorzeitigen Tod: den Schriftsteller, Komponisten und einstigen Nietzsche-Herausgeber Fritz Koegel, die Sängerin Emily Koegel, geb. Gelzer und den Schriftsteller und Mitarbeiter des Berliner Kunstgewerbemuseums Gustav Kühl. Diese Erfahrung verarbeitete Schäfer in seiner autobiografischen Erzählung Die Missgeschickten, die nicht nur von Hermann Hesse und Franz Kafka gerühmt wurde, sondern auch ein erstaunliches Leserecho hervorrief und mehrere Neuauflagen erlebte. Schon der Verfasser vermutet, mit seiner Erzählung ein Sinnbild für die „Wurzelschwäche des modernen Lebens“ geschaffen zu haben. Tatsächlich hat der Text auch gut 100 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt.
Die Kommentierung enthüllt erstmals die realen Hintergründe des Geschehens. Ein ausführliches Nachwort behandelt Entstehung und Rezeption der Erzählung und schildert die weithin unbekannten Biografien der Akteure. Die CD-Beilage macht Lieder hörbar, die in den Missgeschickten erwähnt werden, und gewährt zugleich Einblicke in das musikalische Werk Fritz Koegels.
Wilhelm Schäfer
Die Missgeschickten
Mit Kommentar und einem Nachwort neu herausgegeben von Christoph Knüppel und Cornelius Lüttke
Nyland Dokumente 7
Bücher der Nyland-Stiftung, Köln
2011
ISBN 978-3-89528-846-3
225 Seiten, mit Audio-CD
kartoniert
Christoph Knüppel wurde 1957 in Eutin (Ostholstein) geboren und arbeitet als Lehrer an einem ostwestfälischen Gymnasium. Veröffentlichungen zur deutsch-jüdischen Geschichte, zum Anarchismus und zur völkischen Bewegung, zuletzt Mitherausgeber des Briefwechsels zwischen Wilhelm Schwaner und Walther Rathenau.
Cornelius Lüttke wurde 1941 in Oberried (Breisgau) geboren. Als Verlagsbuchhändler zuletzt dreißig Jahre im wissenschaftlichen Springer-Verlag in Berlin tätig. Er ist ein Großneffe des Fritz Koegel.
Leseprobe: 9783895288463.pdf
Dass man als heutiger Leser ohne diese Kenntnisse des zeitgenössischen Kolorits Text und Kontext dennoch nun auf das Genaueste ‚entschlüsseln‘ kann, ist der akribischen Recherche und der entsprechend genauen Kommentierung der Herausgeber zu danken. Sie vermitteln Einblicke in die Zeit und die heute völlig unbekannten Biographien der Akteure. Dabei umfasst der Erzähltext 40 Druckseiten, der Sachkommentar 25, das Nachwort 90, hinzu kommen 33 Abbildungen, beigelegt ist eine CD mit Aufnahmen von Liedern des Komponisten Koegel. Notabene: Man wünschte sich einen derartigen editorischen Aufwand auch bei anderen Texten!
Walter Fähnders in „Hille-Post“ (45. Folge, 2012)
Die im Lexikon gemachte Angabe, dass Schäfer 1869 […] nach Gerresheim kam und 1903 Düsseldorf verließ, wird durch seine sehr erfolgreiche, u.a. von Franz Kafka gelobte, nun neu herausgegebene und kenntnisreich kommentierte sowie mit einem Nachwort versehene Erzählung, die 1909 erstmals erschien und mehrere Auflagen erlebte, korrigiert und ergänzt […] Dieses und vieles mehr […] ist dieser beachtenswerten Publikation zu entnehmen - nicht zuletzt bietet sie, trotz der beklagenswerten Schicksale der vorgestellten Personen, ein Lesevergnügen.
Horst A. Wessel in „Düsseldorfer Jahrbuch“ (2014)
[...] [wir erhalten] mit dieser bewegenden autobiographischen Erzählung [...] eine vielschichtige Charakter- und Milieustudie aus der Zeit der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert. [...] Christoph Knüppels und Cornelius Lüttkes umfassende Nachforschungen zum Umfeld Schäfers und seiner Freunde lassen uns ein Jahrhundert nach dem ersten Erscheinen der „Missgeschickten“ (1909 in der „Neuen Rundschau“ [...]) eintauchen in die geistige und kulturelle Welt der Epoche, die heute als Beginn der Moderne angesehen wird. [...]
Inga Pohlmann in „hegau. Zeitschrift für Geschichte, Volkskunde und Naturgeschichte des Gebietes zwischen Rein, Donau und Bodensee“ (Jahrbuch 69/2012)
Nyland Dokumente 7