Autobiographische Texte der Avantgarde sind keine kohärenten Lebensbeschreibungen mehr, sondern formal vielfältige Reflexionen über den Status des Subjekts. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sah sich das Individuum zur Überprüfung seines Selbstverständnisses gezwungen, die nicht ohne Auswirkung auf die Formen der Selbstbefragung geblieben ist. Der Abschied von der Annahme einer essentiellen Identität wird nicht zuletzt motiviert durch die Verabschiedung der Vorstellung eindeutiger Geschlechteridentitäten. So werden das Spiel mit Gattungen sowie inhaltliche und sprachliche Spielformen im Text konstitutiv für zahlreiche ästhetische Ausdrucksformen. An Werken von Gertrude Stein, Claude Cahun und Kay Sage werden ästhetische Verfahren der Selbstbefragung von Frauen der historischen Avantgardebewegungen untersucht. Die Studie erschließt z.T. unbekannte, gleichwohl bedeutende Schöpfungen weiblicher Avantgardisten und versteht sich zugleich als Beitrag zur Erforschung der Subjektkonzepte der Moderne, insbesondere der Avantgarde.
Susanne Elpers
Autobiographische Spiele
Texte von Frauen der Avantgarde
2008
ISBN 978-3-89528-676-6
284 Seiten
kartoniert
Susanne Elpers, Jahrgang 1965, studierte an den Universitäten Münster, Bonn und Toulouse Le Mirail Germanistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie. 2007 mit der vorliegenden Studie Promotion an der Universität Bonn, wo sie seit 1998 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft am Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft lehrt. Mitherausgeberin des Bandes „Zwischen Zentrum und Peripherie. Die Metropole als kultureller und ästhetischer Erfahrungsraum“, Aisthesis 2005.
[...] Elpers [bietet] eine fundierte Analyse der autobiografischen Werken der genannten Autorinnen, die nicht nur für feministisch interessierte oder orientierte Leserinnen und Leser von Interesse ist. Zudem liefert sie einen wichtigen Beitrag zur Anerkennung weiblicher Schriftstellerinnen, da vor allem der Blick auf die weitgehend unbekannten Autorinnen beziehungsweise Künstlerinnen Cahun und Sage zu einer Erweiterung des literaturgeschichtlichen Kanons führt.
Verena Ronge in „literaturkritik.de“ (September 2009)
Vollständig unter: http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=13424
[...] Der Spielcharakter der Selbstdarstellungen oder Selbstzeugnisse der drei ausgewählten Autorinnen/Künstlerinnen der Avantgarde wird in Elpers Monographie überzeugend präsentiert. Der Zusammenhang zwischen den Lebenserfahrungen der drei Frauen und der gewählten Schreibpraxis wird durch relevante Erläuterungen schlüssig. Widersprüche und Dissoziierung sind die markanten Elemente der einzelnen Identitätsprojektionen, die auch in den multimedialen Kombinationen von Selbsterforschung gespiegelt sind. Für diejenigen ForscherInnen, die sich vor allem der Genderfrage in einem Vergleich zwischen Avantgarde Werken von Schriftstellern und Schriftstellerinnen zuwenden wollen, dürfte Elpers Untersuchung ein nützlicher Ausgangspunkt sein, vor allem wegen der hier zusammengetragenen Quellen und Forschungsmaterialien. [...]
Maria-Regina Kecht in „Komparatistik. Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft“ (2008/2009)