Gilbert, Annette: Bewegung im Stillstand

Artikel-Nr.: 978-3-89528-571-4
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Im Kontext eines im 20. Jahrhundert neu erwachten Interesses an Schrift entwerfen die hier ausgewählten Künstler eine Ästhetik der Schrift, die wenig mit einer Ästhetisierung von Schrift als Schönschrift, aber auch wenig mit der landläufigen Funktionalisierung von Schrift als Medium sprachlicher Kommunikation gemein hat. Handschrift ist ihnen vielmehr Ort, Objekt und Medium ästhetischer Erfahrung. Auf irritierenden künstlerischen Expeditionen in Grenzbereiche von Schrift jenseits von Lesbarkeit und Bedeutung fragen sie nach dem ureigenen Wesen, den fundamentalen Bedingungen und strukturellen Voraussetzungen von Schrift. Dabei geben sie Handschrift als artifizielle Konstruktion zu erkennen und machen sie in ihrem ästhetischen, materiellen, sinnlichen Selbstwert sicht-, fühl- und erfahrbar. Schrift dient hier nicht (nur), sondern ist.

Die vorliegende Studie folgt den Schriftkünstlern auf diesen Grenzgängen. In dichten Werkbeschreibungen und im Schnittfeld verschiedener schrifttheoretischer Diskurse wird das Spannungsfeld eingefangen, in dem sich das Skripturale oszillierend bewegt. Es ist geprägt durch Oppositionen wie Sinnhaftigkeit und Sinnlichkeit, Abstraktes und Konkretes, Repräsentation und Eigenwert, Absenz und Präsenz, Artefakt und Prozess, Schriftsprache und Schriftbild, Schriftzeichen und Laut, Tiefe und Oberfläche, Bedeutung und Textur bzw. Faktur. In der Dynamik zwischen diesen Polen kommt das Heterogene der Schrift zum Vorschein, aus ihr speist sich das provozierende und anregende Element der Werke: Selbst in Bewegung zwingen die Werke auch den Betrachter zur Beweglichkeit und zur Erweiterung der ästhetischen Sensitivität.

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