Replika, Essays, Nachbildungen, Anknüpfungen zu Texten, zu einer Filmerzählung von Ettore Scola auch und einer Trickfilmfigur, dem Rosaroten Panther.
Der Titel umfaßt die transtextuellen Bezugnahmen von Schreibenden auf andere Schreibende, seien sie eingestandener oder uneingestandener Art, mit Absicht inszeniert oder eben so unterlaufen.
Die verbale Halluzination assoziiert die Gänge, Irrgänge, Umgehungen auch jener unaufhörlich nach Sinn vorantastenden metonymischen Arbeit des Lesens mit den von den begünstigten Texturen ausgesetzten Effekten, die solche Arbeit erst in Bewegung bringen. An verbal Halluzinatorischem hat Benns Vorstellung vom „Ahnungslicht“ ebenso teil wie Celans „Rauschelbeere“, Hofmannsthals Mund voll „modriger Pilze“ genauso wie die fixe Figur einer „Figur im Teppich“ bei Henry James. Die affektiven Sprachschübe und aufgestockten Schweigeperioden der Figuren Stifters sind Margen einer verbalen Halluzination wie die ausgetüftelte, monologisch wuchernde Rede des Generals gegenüber dem Jugendfreund bei Márai, wie Robert Walsers Schreib- und Redehemmungen und W.G. Sebalds Zwangsvorstellung einer Verknnüpfung von Zufällen zu einer unfaßlichen Ordnung. Die Halluzination sitzt in J.P. Hebels Höhlenschläfer ebenso wie in Kafkas Visionen von Mädchengesichtern.
Neben den Genannten geht es in den Versuchen u.a. um Texte von Goethe, Ingeborg Bachmann, Thomas Mann, Fleur Jaeggy, Zsuzsa Bánk, Yoel Hoffmann, Descartes, Stendhal, Nietzsche und László Földényi.
Klaus Bonn
Replika
Lektüren verbaler Halluzination
AISTHESIS Essay Bd. 25
2006
ISBN 978-3-89528-556-1
171 Seiten
kartoniert
Klaus Bonn, geb. 1958, studierte Allg. und Vgl. Literaturwissenschaft, nach fünfjähriger Lehrtätigkeit an der Universität Debrecen (Ungarn) lebt er in Saarbrücken und ist überwiegend in der Erwachsenenbildung beschäftigt. Im Aisthesis Verlag erschien 2003 Zur Topik von Haus, Garten und Wald, Meer – Georges-Arthur Goldschmidt.
Die 16 essayistischen Lektüreprotokolle dieses Bandes gehören zu den wenigen Texten, die mit Barthes’ Postulat des ‚Plaisir du texte‘ Ernst machen und der Ordnung des literaturwissenschaftlichen und literaturkritischen Diskurses in praxi zu entkommen versuchen. [...] Er liefert [...] Material für eine Geschichte der Lektürepraktiken und des Einflusses aktueller, die Freiheiten des Leser zwar postulierende, aber nur selten interpretatorisch realisierender Theorien der Lektüre und gewinnt dadurch den so interessanten wie prekären Status einer erwartbaren und erwarteten Provikation.
Jost Schneider in „Germanistik“ (Heft 3-4/2006)
AISTHESIS Essay