Experimentelle Poesie, wie sie sich auf der Grundlage ihrer modernen Tradition seit den 70er Jahren präsentiert, besetzt in der Literatur den Ort, an dem der prekäre Zusammenhang zwischen Subjektivität und Medien verarbeitet wird. Dabei hat sie sich - in ihrer Semantik, ihren Verfahren, Werken und Akteuren – für Fragestellungen sensibilisiert, die avanciert auch in der bildenden bzw. einer allgemeinen Medienkunst sowie anders in einschlägigen Wissenschaftsdiskursen behandelt werden: Fragen nach den Bedingungen und Abläufen symbolischer (Selbst-)Vermittlung des Menschen, des Individuums, des Subjekts, seines ,Geistes‘, ,Innern`, seines ,Ich‘ in Abhängigkeit von seinem Körper und seinen Sozialformen. Das Interesse der vorliegenden Abhandlung liegt darin, diese spezifische Leistung experimenteller Poesie unter system- und medientheoretischen Gesichtspunkten herauszuarbeiten und dabei die Frage nach dem gegenwärtigen Stellenwert von Subjektivität in der Mediengesellschaft zu erörtern. Die Argumentation setzt mit Studien zur Subjektivitätssemantik anhand auffälliger Ähnlichkeiten zwischen konstruktivistischem Diskurs und experimenteller Poetik an, für die Essays von Oskar Pastior, Oswald Wiener und Ferdinand Schmatz als Beispiele dienen. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt dann auf der Erörterung sprachlicher Ausdruckstypik der Subjektivität und ihrer poetische Diabolisierung durch intermediale Schriftzeichnungen Gerhard Rühms. Schließlich wird die Diskussion in der Figur des Rezipienten zusammengeführt, wie er sich als vergeistigtes Ideal konzeptueller Poesie und als verkörpertes Modul hypermedialer Dichtung darstellt.
Friedrich W. Block
Beobachtung des ‚ICH‘
Zum Zusammenhang von Subjektivität und Medien am Beispiel experimenteller Poesie
1999
346 Seiten
kartoniert
ISBN 3-89528-251-0
Friedrich W. Block, geb. 1960, Germanistik- und Kunststudium an der Universität Kassel, künstlerische Arbeit. Nach seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Angestellter derzeit Kurator der Literaturstiftung Brückner-Kühner in Kassel.
Die Arbeit stellt die 'Frage nach dem Subjekt' (Manfred Frank) auf dem Umweg über die Literaturwissenschaft neu. Damit kann sie der Literaturwissenschaft eine Perspektive für die Zukunft eröffnen. ... Den immensen Wert der vorliegenden Arbeit mag man in diesem Kontext schon daraus ersehen, welche innovativen Aspekte sie allem schon in die Diskussion um die Materialität der Kommunikation einzubringen vermag. ... Hier ist eine neue Form literaturwissenschaftlicher Forschung im Rahmen gegenwärtiger Theoriebildung zu beobachten.
Oliver Jahraus in 'literaturkritik.de', April 2000