Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert avancierten dissoziative Bewusstseinsspaltungen zu einem zentralen Forschungsthema. Verfahren der Hypnose und Suggestion sowie Zustände des Somnambulismus und der Trance rückten ins Zentrum psychowissenschaftlicher Aufmerksamkeit, um Aufschluss über die „verborgenen Sphären“ des Ich zu erlangen. Diese Entdeckungen wurden auch von Theatertheoretiker*innen aufgegriffen, um die schauspielerische Fähigkeit zur Verwandlung und zur Darstellung unterschiedlicher Charaktere besser zu verstehen. Die vorliegende Studie untersucht mit Fokus auf die vier Schauspieltheoretiker Constant Coquelin, William Archer, Max Martersteig und Edward Gordon Craig, wie diese die neuen psychologischen Erkenntnisse zu Bewusstseinsspaltungen in ihre Überlegungen einbezogen. Anhand ihrer Schriften aus den Jahren 1880 bis 1910 wird aufgezeigt, wie sich durch den Einbezug bewusstseinstheoretischer Überlegungen die traditionelle Auffassung von Identität und Identifikation im Schauspiel veränderte.
Rosemarie Brucher
Schauspiel & Doppeltes Bewusstsein
Zur Verhandlung dissoziativer Phänomene bei Coquelin, Archer, Martersteig und Craig
PROΣKENION - Studien zu Theater und Performance 4
2024
ISBN 978-3-8498-1994-1
283 Seiten
E-Book (PDF-Datei), ca. 2 MB
Rosemarie Brucher ist Assistenzprofessorin für Theaterwissenschaft am Zentrum für Genderforschung und Diversität an der Kunstuniversität Graz sowie Vizerektorin für Forschung an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien.
Leseprobe: lp-9783849819934.pdf
PROΣKENION - Studien zu Theater und Performance 4