Die vorliegende Arbeit über den Zusammenhang von Identität und Ordnung entwickelt ein Instrumentarium zur Analyse der Darstellungsebene von deutschen Kolonial- und Afrikaromanen, um eine strukturelle Vergleichbarkeit entworfener Weltbilder zu erreichen. Da jede Form von Ordnung nur in abgegrenzten Räumen zur Entfaltung kommt, bietet sich in zeitlicher wie geographischer Hinsicht der deutsche Kolonialismus als Versuchsfeld an, um nationalen wie utopischen Tendenzen nachzuspüren.
Immer ist der literarischen Fixierung von »eigen« und »fremd« ein Machtanspruch eingeschrieben, und erst das Aufweichen der Kategoriengrenzen markiert den Eintritt in eine postkoloniale Afrikaliteratur. In diesem Kontext entpuppen sich die Weltkriege als alle Darstellungsbereiche affizierende Kategorienschmelzen. Mit der brüchig gewordenen Ordnung gerät auch die figurative Identität in den Einfluss von Überformungsprozessen. Auf die Dynamisierung reagierten die Autorinnen und Autoren mit einem Arsenal von Entlastungsstrategien, um ihre Weltbilder zu stabilisieren. Die untersuchten Romane dienen folglich als Modell für eine Auseinandersetzung mit den Größen von Identität, Ordnung, Dynamik und Komplexität und bilden deutsche Mentalität von 1889 bis 1952 ab, von der das, wofür Afrika und das »Fremde« steht, integraler Bestandteil war.
Daniel Schneider
Identität und Ordnung
Entwürfe des »Eigenen« und »Fremden« in deutschen Kolonial- und Afrikaromanen von 1889 bis 1952
2011
ISBN 978-3-89528-792-3
339 Seiten
kartoniert
Daniel Schneider, geb. 1977, studierte in Bonn, Oldenburg und Bremen Germanistik, Philosophie und Biologie und promovierte an der Universität Bonn über ‚Identität und Ordnung‘ in deutschen Kolonial- und Afrikaromanen. Er leitete mehrere Jahre internationale Jugendbegegnungen in Ostafrika und arbeitet seit 2007 als freier Schriftsteller. Für sein Schaffen wurden ihm diverse Stipendien zuerkannt, zuletzt 2008 ein Arbeitsstipendium des Landes NRW.
Leseprobe: 9783895287923.pdf
Dass sich postkoloniale Ansätze auch auf die deutsche Literatur fruchtbar anwenden lassen, ist mittlerweile kein Geheimtipp mehr - [...] Hier nun schließt Daniel Schneider mit einer umfassenden Untersuchung deutscher Kolonial- und Afrikaromane zwischen 1889 und 1952 an. [...] Mit „Identität und Ordnung“ hat Daniel Schneider einen guten Überblick über die Entwicklungen innerhalb des Kolonial- und Afrikaromans zwischen 1889 und 1952 geboten und ein brauchbares Instrumentarium zur Analyse solcher (und nicht nur deutscher) Texte in Hinblick auf die Konstruktion eigener Identität in der Darstellung des „Fremden“ geliefert. [...]
Alexander Kluger in „Zeitschrift für Germanistik“ (1/2012)
Daniel Schneiders Dissertation ist äußerst vielschichtig. Sie bietet spannende Lektüren eines mehr und mehr in das Interesse der germanistischen Literatur- und Kulturwissenschaft rückenden Korpus, des deutschen Kolonial- und Afrikaromans. […] Die Hauptergebnisse der kategorialen Strukturanalyse Schneiders sind eine genauere Beschreibung der Funktionsweise der Kategorie „Rasse“, die einen Machtanspruch markiere, der Kategorie „Kultur“, die ein Gefälle innerlicher Differenziertheit illustriere (Afrikaner sind näher zur Natur), der Kategorie „Geschlecht“, die das Identitäts- und Ordnungsgefüge innerhalb der Kolonie stütze (solange eine weiße Frau anwesend ist, wird der Machtanspruch genealogisch fortgeschrieben) sowie der Kategorie „Aktivität“, die eine Bedrohung der gesamten Ordnung bedeute und die Figuren von deutschen Frauen („Eigenen“) und Afrikanern („Fremden“) in eine strukturelle Nähe rücke. […]
Sabine Wilke in „Monatshefte“ (Summer 2012)