vergriffen!
Altern ist seit jeher nicht nur ein biomedizinischer Prozess, sondern auch ein ergiebiges Thema der Literatur. Diese kulturgerontologische Studie erschließt erstmals die erstaunliche Vielfalt der dem Alter(n) zugeschriebenen Bedeutungskonstruktionen im Werk Arno Schmidts. Anhand ausgewählter Referenztexte vom frühesten Erzählfragment bis zu den späten Typoskript-Romanen macht sie die werkhistorische Evolution dieses Stoffgebiets bei Schmidt anschaulich.
Wie bereits der Hegelsche Begriff Aufhebung im Titel dieser Arbeit andeutet, stellt sich dabei heraus, dass Schmidts Werk den alternden Körper zugleich negiert und konserviert, um ihn schließlich zu erhöhen: Viele Protagonisten beklagen ihren physiologischen und psychologischen Verfall (Aufhebung als Negation). Andere trachten nach Altersweisheit oder einem Überleben durch ewigen literarischen Ruhm (Aufhebung als Konservierung). Der vorliegende Forschungsbeitrag zeigt, wie Schmidt diese zunächst widersprüchlich erscheinenden Dispositionen auf der höheren Ebene literarischer Kreativität vereint (Aufhebung als Elevation).
Es ist genau diese dem Werk eingeschriebene Aufhebung des Körpers, die Schmidt und seinen Figuren ermöglicht, sowohl sterblich als auch unsterblich zu sein, die materielle Welt zu verlassen und doch in ihr zu verbleiben.
Alexis Eideneier
Die Aufhebung des Körpers im Werk
Das Thema Alter(n) bei Arno Schmidt
2010
ISBN 978-3-89528-815-9
355 Seiten
kartoniert
Alexis Eideneier, geboren 1970, studierte Germanistik, Philosophie und Geschichte in Köln, Oxford und London. 2009 Promotion am King’s College London. Er lebt als Lehrer, Werbetexter und freier Autor in Mittelengland.
Leseprobe: 9783895288159.pdf
Das Ergebnis ist immer anregend und eine große Lesefreude, wenn ein Literaturwissenschaftler ein spezielles literarisches Motiv wählt, und, diesem Motiv auf der Spur, das gesamte Werk eines Schriftstellers schlüssig zu deuten vermag. Die Studie von Alexis Eideneier ist von dieser Art. Sie ist, um es gleich zu sagen, vorzüglich gelungen. [...] Eideneier beobachtet genau; er sieht Altersklage, Altersresignation, Altersspott und stellt die Kompensationsstrategien heraus. Vor allem systematisiert er in überzeugender Weise. [...] Zwei Punkte in dieser Studie seien besonders genannt. Zum einen ihr sorgfältiges Argumentieren, das nicht nur die einschlägige Schmidt-Forschung verarbeitet [...]. Zum anderen ist wesentlich, dass aus Eideneiers Studie sich der Gedanke eines 'Humanisten Arno Schmidt' herauslesen lässt. [...]
Martin Lowsky in „Bargfelder Bote“ (336-338 / Januar 2011)
[…] [Eideneier] entfaltet in sieben textanalytischen Kapiteln überzeugend die These, dass die Thematisierung des ‚Alter(n)s‘ in Schmidts Werk von drei divergierenden Tendenzen bestimmt sei, nämlich der Negation des Körpers im Werk, der Konservierung des Körpers im Werk sowie der Elevation des Körpers im Werk. […]
Rüdiger Zymner in „Germanistik“ (2011, Heft 1-2)