Adolf Glaßbrenner (1810-1876) kann nicht nur Berlinisch. Als „Hauptmitarbeiter“ der Zeitung „Der Freimüthige“ erprobt er an der Schwelle zum letzten Vormärz-Jahrzehnt neue Formen des Feuilletons. Dabei tritt er für eine liberale gesellige Kultur ein, bei der frei nach Schiller alle Menschen Brüder werden. In einer utopischen Verbrüderung gipfelt Eine Fahrt nach Oranienburg. Die unbekannte Erzählung schildert zuvor einen Sonntagsausflug mit der Postkutsche und die Besichtigung der im Schloss Oranienburg untergebrachten Fabrik. Der Chemiker Runge gibt dabei die Parole zur Gründung eines von Glaßbrenner geleiteten Vereins aus, der im Zeichen von Humor und Champagner Egalité und Fraternité inmitten der preußischen Restauration inszenierte.
Zu den Neuentdeckungen des Bandes gehört neben dem Fragment eines Eulenspiegel-Romans die Reportage über ein Wal-Skelett, in der ein Berliner Kleinbürger – der auch aus anderen Glaßbrenner-Satiren bekannte Rentier Buffey – in bestem Hauptstadtjargon „den Fisch erklärt“.
Adolf Glaßbrenner
Eine Fahrt nach Oranienburg
Feuilleton-Erzählung
Mit anderen neuentdeckten Beiträgen zum Freimüthigen (1839)
Herausgegeben mit einem Vorwort und einem Kommentar von Peter Sprengel
Aisthesis-Archiv Bd. 21
Vormärz-Archiv Bd. 6
2019 [als Print-Ausgabe: 2019: ISBN 978-3-89528-1337-6]
ISBN 978-3-8498-1444-1
158 Seiten, Abb.
E-Book (PDF-Datei), 1,7 MB
Der Herausgeber Peter Sprengel, Verfasser einer zweibändigen Literaturgeschichte über den Zeitraum 1871-1918, lehrte bis 2016 Neuere deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin.
Leseprobe: lp-9783849813376.pdf
Durch Forschungsbeiträge und Textausgaben hat sich das Wissen um den humoristischen Schriftsteller Adolf Glaßbrenner in den letzten Jahren deutlich verbessert, und diese Edition zeigt: Es sind weiterhin Entdeckungen zu machen. [...] Im Mittelpunkt dieser kenntnisreich eingeleiteten und kommentierten Edition steht [...] „Eine Fahrt nach Oranienburg“. Dieser Text ist künstlerisch originell, und es ist eine Freude, ihn zu lesen. [...] [Glaßbrenners] Text schildert beschwingt einen Landausflug, bekennt sich zu einer „Emancipation des Fleisches“ (S. 56) und beschwört einen Gesellschaftszustand, in welchem „die Menschenliebe die letzten Fesseln der Convention löst, und die allgemeine Umarmung eintritt“ (S. 60). Ein ansteckender Optimismus! Oder ein exklusiver?
Olaf Briese in „Heine-Jahrbuch“ (2020)
Aisthesis-Archiv Bd. 21
Vormärz-Archiv Bd. 6